Vulkaninsel La Palma lockt mit nachhaltigem Tourismus
Wie alle Strände auf La Palma ist der Sand auch vor Santa Cruz de la Palma pechschwarz, von Wind und Wellen zerriebenes Vulkangestein. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan-Uwe Ronneburger/dpa)

La «Isla Bonita», die schöne Insel La Palma im milden Klima des Atlantiks, ist vom Massentourismus bisher verschont geblieben. Atemberaubende Landschaften, unberührte Natur, gastfreundliche Menschen und ein auch im Winter mildes Klima zeichnen die Insel aus. Aber die Pandemie und der Vulkanausbruch von September bis kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres hat die Besucherzahlen kräftig gedrückt.

Die schaurig-schönen Bilder rotglühender Lavaströme, die sich aus dem inzwischen Tajogaite getauften Vulkan Richtung Meer ergossen, waren zwar faszinierend. Aber zu nahe wollten viele den entfesselten Naturgewalten, die Wohnhäuser, Schulen, Kirchen und Bananenpflanzungen zerstörten, auch nicht kommen.

Im Rahmen des Wiederaufbaus setzt die Inselregierung nun aber auf mehr Urlauber. «Der Tourismus wird ein ganz wichtiges Standbein bei der Wiedergeburt von La Palma», sagt der Tourismusbeauftragte der Inselregierung, Raúl Camacho. Besorgte Inselbewohner mahnen, dabei nicht über das Ziel hinauszuschießen. Die in Sichtweite liegende Nachbarinsel Teneriffa mit ihren Bettenburgen ist ihnen ein abschreckendes Beispiel. Dorthin zieht es pro Jahr um die fünf Millionen Touristen. «Ich wünsche mir neugierige Urlauber, die an der Insel interessiert sind und Respekt für ihre Menschen und die Natur zeigen», sagt der Umweltaktivist und Künstler Gustavo Diaz.

Nur langsame Erholung

Das bisher beste Jahr für die Tourismusbranche La Palmas war 2017, als rund 300.000 Gäste gezählt wurden. Nach den verheerenden Jahren der Pandemie und des Vulkans erholt sich die Branche dieses Jahr erst langsam von den Rückschlägen. Nordeuropäer kommen besonders dann, wenn es zuhause dunkel und kalt ist, im Winter. Während auf den größeren Kanareninseln Gran Canaria und Teneriffa die Briten die größte Besuchergruppe stellen, kommen die meisten Besucher La Palmas traditionell aus Deutschland. 2019 stellten sie dort 40 Prozent aller Urlauber.

Der typische Urlauber auf La Palma ist nicht in erster Linie an Sonnenbaden am Strand, dem Nachtleben oder Shopping-Möglichkeiten interessiert, wie sich aus einer Erhebung der Regierung der Kanaren ergibt. La Palma lockt eher Aktivurlauber, die in unberührter Natur mit Führern zu erloschenen Vulkanen wandern, Bootsausflüge zu Walen und Delfinen unternehmen oder bei Tauchkursen die Unterwasserwelt bewundern wollen.

Berühmt ist auch die Heilquelle Fuente Santa im Süden der Insel. Schon die Ureinwohner nutzten sie und auch die Spanier wurden Ende des 15. Jahrhunderts auf die Quelle aufmerksam. Sie brachte der Insel in den folgenden Jahrhunderten Wohlstand, weil Wohlhabende auf von weither anreisten, um sich von Plagen wie Syphillis oder Lepra zu kurieren. Aber 1677 brach der Vulkan San Antonio aus und verschüttete die Quelle. 300 Jahre lang suchten die Insulaner vergeblich nach der «heiligen Quelle», erst 2005 wurde sie durch Probebohrungen lokalisiert. Nun soll dort ein Thermalbad gebaut werden, um wie vor Jahrhunderten Wohlhabende aus aller Welt anzulocken.

Nicht doch zu groß?

Umweltaktivist Diaz hat seine Zweifel, ob das Projekt Fuente Santa nicht eine Nummer zu groß ist und zu wenig Rücksicht auf Landschaft und Natur nimmt. «Wir stehen in einem Wettlauf gegen den Klimawandel. Wir verbrauchen einfach viel zu viel Natur, alles wird langsam verdreckt und zugebaut», klagt er in seinem kleinen Haus in Fuencaliente. Sichtbar ist das an Stränden und der felsigen Küste der Insel, die vor allem mit angeschwemmten Plastik vollgemüllt sind.

«Das stört mich unglaublich. Aber es liegt mir nicht, Krach zu schlagen, nach Hilfe zu rufen», sagt Diaz und schaut von der Terrasse seines Hauses auf den endlosen Atlantik. Statt die Hände in den Schoß zu legen, organisiert Diaz immer wieder Säuberungsaktionen. Er spannt die Gemeinde, Parkverwaltungen und Sponsoren ein und über seine Facebook-Seite «Herrumbre Vivo» (Lebender Rost) ruft er Freiwillige zum Mitmachen auf. «Vor kurzem haben wir mit 15 Freiwilligen an drei Tagen an einem Strand elf Tonnen Treibgut, darunter viel Plastikmüll und Treibholz, eingesammelt», erzählt er. Die meiste Arbeit mache es, den Müll die Steilhänge hinaufzuschleppen, sagt Diaz. «Auch Urlauber sind willkommen, das wäre dann Öko-Tourismus», sagt er.

Der Abfall landet nicht einfach in der Müllabfuhr. Aus dem, was andere wegwerfen, vor allem aus Metallschrott, schweißt und schraubt Diaz einzigartige Skulpturen zusammen. «Für mich ist das die ideale Antwort auf die Umwelt- und Klimakrise: die Wiederverwendung ausrangierter Arbeitsgeräte und von Müll», sagt Diaz und hält eine bizarr-schöne Fischskulptur in die Höhe, der Bauch war im früheren Leben der Tank eines Mopeds. Seine Arbeiten haben eine ganz eigene Ästhetik und sind zugleich immer überraschend, weil man in den Tierskulpturen plötzlich vertraute Alltagsgegenstände wiedererkennt. Gut möglich, dass Diaz mit diese Verknüpfung zwischen Umweltschutz und Kunst noch mehr Urlauber anlockt.

Von Jan-Uwe Ronneburger, dpa

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