Besitzer eines neu gekauften Diesels, die im Abgasskandal nicht rechtzeitig gegen VW geklagt haben, können in bestimmten Fällen trotzdem auf finanzielle Entschädigung hoffen.
In zwei Verhandlungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zeichnet sich ab, dass die Karlsruher Richterinnen und Richter hier grundsätzlich einen Anspruch auf sogenannten Restschadenersatz sehen. Das bedeutet, dass VW zur Zahlung verpflichtet wäre, obwohl die eigentlichen Schadenersatz-Forderungen bereits verjährt sind. Beide Urteile sollen um 16.00 Uhr verkündet werden. (Az. VIa ZR 8/21 u.a.)
Die Vorsitzende Richterin Eva Menges sagte außerdem, dass ihr Senat dazu tendiere, die Summe nicht auf den reinen Gewinn von VW aus dem Verkauf zu begrenzen. Stattdessen wollen es die Richter nach ihren vorläufigen Beratungen ähnlich handhaben wie beim eigentlichen Schadenersatz: VW müsste demnach einen Großteil des Kaufpreises zurückerstatten. Dafür müsste der Kunde sein Auto zurückgeben und sich die damit zurückgelegten Kilometer anrechnen lassen.
Volkswagen wies darauf hin, dass es damit vom Einzelfall abhänge, «ob die Geltendmachung eines solchen Anspruchs für Kunden wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist». Tatsächlich dürften viele mit ihrem vor Auffliegen des Abgasskandals im Herbst 2015 gekauften Diesel inzwischen beträchtliche Strecken gefahren sein. Grundsätzlich würde die BGH-Entscheidung aber eine Tür auch für neue Klagen aufstoßen.
Restschadenersatz kann binnen zehn Jahren geltend gemacht werden. Profitieren könnten also nur Kunden, die ihr Auto 2012 und später erworben haben. Grundvoraussetzung ist außerdem, dass der Diesel neu gekauft wurde. Bei Gebrauchtwagen gibt es keinen Anspruch auf Restschadenersatz, wie der BGH vor eineinhalb Wochen entschieden hat.