Volkswagen will in diesem Jahr den Produktionsstau auflösen und die Bestellungen abarbeiten – im Fall einer besseren Versorgung mit Mikrochips und Rohstoffen soll das auch die Verkäufe wieder anschieben.
Nachdem die Auslieferungen der größten europäischen Autogruppe 2022 vor allem wegen der Zulieferprobleme um 7 Prozent auf knapp 8,3 Millionen Fahrzeuge abgerutscht waren, peilen die Wolfsburger für 2023 nun 9,5 Millionen Stück an. Gleichzeitig soll der Umsatz um 10 bis 15 Prozent zulegen. Das Unternehmen stellte den neuen Ausblick nach einer Aufsichtsratssitzung vor.
«Wir erwarten für das laufende Jahr, dass die Engpässe in der Lieferkette sukzessive nachlassen und wir den hohen Auftragsbestand bedienen können», erklärte VW-Finanzvorstand Arno Antlitz. Derzeit liege dieser bei 1,8 Millionen Wagen. Er hatte sich hochgeschaukelt, weil es – wie bei anderen Herstellern – an Elektronik und manchen Rohstoffen mangelte. Dies führte zu langen Wartezeiten für viele Kunden und insgesamt zu einer Verknappung des Autoangebots.
Zusammen mit der allgemeinen Inflation trieb dies zuletzt auch die Preise für Autos – bis auf den angespannten Gebrauchtwagenmarkt. Die starke Nachfrage, bei der laut VW höherwertige Ausstattungen ebenso eine Rolle spielten, machte es möglich, dass der Konzern im vorigen Jahr trotz des Ukraine-Kriegs, teurer Energie und der Covid-Lockdowns sowie Handelsschwierigkeiten in China erneut mehr verdiente.
Ein Plus von gut 15 Prozent beim Betriebsgewinn
Das Ergebnis nach Steuern verbesserte sich im Vergleich zu 2021 leicht um knapp 3 Prozent auf 15,84 Milliarden Euro. Rechnet man Sondereffekte wie den Ausstieg beim Roboterauto-Start-up Argo AI oder die Zinsentwicklung ein, stieg der Betriebsgewinn auf 22,12 Milliarden Euro – ein Plus von gut 15 Prozent. Vor solchen Einflüssen kletterte er von gut 20 Milliarden auf 22,5 Milliarden Euro. Erste Eckdaten hierzu hatte Volkswagen bereits Anfang Februar vorgelegt.
Dem Firmengeflecht mit Marken wie VW-Pkw, Audi, Porsche, Skoda und Seat war es auch im coronabelasteten Vorjahr gelungen, seine Erträge auszubauen. Durch die Versorgungsprobleme gingen die Verkäufe des nach Toyota zweitgrößten Autokonzerns jedoch zurück, wenngleich bei E-Autos ein Plus von 26 Prozent gelang. Seinen Umsatz baute VW auch aufgrund der Preiszuwächse von 250,2 auf 279,2 Milliarden Euro aus.
2023 wird nicht einfach
Das aktuelle Jahr werde ungeachtet der relativ zuversichtlichen Erwartungen nicht einfach, mahnte Antlitz. Der Finanzchef sprach von einem nach wie vor «schwierigen globalen Umfeld» und «erheblichen Herausforderungen in der Lieferkette». Die Autokonjunktur in etlichen Ländern schwächelt, die Rohstoff- und Energiemärkte schwanken.
Außerdem verwies der Manager auf das Thema strengere Abgasregeln. Vor allem die Frage, wie stark der zulässige Ausstoß von Stickoxiden bei Verbrennern mit der geplanten neuen Euro-7-Norm begrenzt werden soll, wird heftig diskutiert. Die EU-Staaten verschoben zudem eine zunächst für kommenden Dienstag vorgesehene Abstimmung darüber, ob neue Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 nicht mehr zugelassen werden dürfen.
Bis auf Weiteres stellt sich VW darauf ein, moderne Diesel und Benziner neben dem Ausbau der E-Flotte noch einige Zeit im Angebot zu behalten. Die Modelle mit fossilen Antrieben tragen den Hauptteil der Erträge, die in Investitionen fließen. 2023 sollen laut den jüngsten Zielen 7,5 bis 8,5 Prozent als operative Rendite hängen bleiben – das wären also 7,50 bis 8,50 Euro von jeweils 100 umgesetzten Euro.
Bei der Ausweitung seines Angebots im US-Markt kommt der Konzern unterdessen voran. Das erste Produktionswerk für den geplanten vollelektrischen SUV und Pick-up werde in Columbia im Bundesstaat South Carolina errichtet, teilte die VW-Submarke Scout mit. Die Investitionen belaufen sich den Angaben zufolge auf zwei Milliarden US-Dollar (1,88 Mrd Euro). Mindestens 4000 Arbeitsplätze sollen geschaffen werden. Bei Vollauslastung könnten in der Anlage jährlich mehr als 200.000 Scout-Fahrzeuge produziert werden, hieß es.