Das Volkswagenwerk spiegelt sich in einem VW Logo - bisher sprudeln die Erträge des Autobauers weiter. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ole Spata/dpa)

Ein gutes Geschäft vor allem mit den besonders profitablen Oberklassemarken und weitere Kostenkürzungen haben den VW-Konzern zum Jahresbeginn durch die angeschlagene Autokonjunktur getragen.

Die Wolfsburger verdienten im ersten Quartal trotz hoher Verkaufsrückgänge fast doppelt so viel wie Anfang 2021. Chipmangel, Ukraine-Krieg und neue Lockdowns in China belasten die Lieferketten.

Bisher stemmt sich Europas größter Autobauer erfolgreich dagegen: Das Ergebnis nach Steuern legte von Januar bis März im Jahresvergleich von 3,4 auf 6,7 Milliarden Euro zu. Aber die Kosten für Energie und Rohstoffe – und damit indirekt wohl die Autopreise – steigen weiter.

Man könne die «konkreten Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen nicht abschließend beurteilen», hieß es am Mittwoch. Vorstandschef Herbert Diess sprach jedoch von «beispiellosen Herausforderungen».

Finanzvorstand Arno Antlitz sieht wegen der enormen Inflation zusätzliche Kosten auf den Dax-Konzern zukommen. «Wie hoch diese Belastung ausfallen wird, können wir derzeit noch nicht genauer quantifizieren», sagte er den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX.

Bei Energie spiele die Verteuerung für die VW-Gruppe hingegen eine eher «untergeordnete Rolle», sagte Antlitz. Hier versuche man, die Mehrausgaben unter anderem durch die gleichzeitig weiterlaufenden Sparprogramme aufzufangen. Diess hatte zuvor bei einer Veranstaltung der «Wolfsburger Allgemeinen Zeitung» und «Wolfsburger Nachrichten» aber auch betont: «Die Gefahr für Europa ist schon riesengroß. Die Inflation, die dadurch entsteht, kann Europa destabilisieren.»

Außerdem setzt VW nach wie vor auf Absicherungsgeschäfte gegen allzu starke Preisschwankungen. Diese Instrumente trugen dazu bei, dass das größte deutsche Unternehmen seinen Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern sowie Sondereinflüssen aus der Dieselaffäre im ersten Jahresviertel von 4,8 auf 8,5 Milliarden Euro ausbauen konnte.

Das Preisniveau für Neu- und Gebrauchtwagen ist hoch. Dabei kommt die Verknappung des Angebots infolge der Chipkrise zum Tragen, zum anderen leiten die Hersteller die verfügbaren Halbleitermengen oft in gewinnträchtigere Oberklasseautos um. Wie stark weitere Verteuerungen auf die Endkundenpreise durchschlagen würden, lässt sich noch nicht beziffern. In Deutschland ist eine Zurückhaltung der Verbraucher spürbar: Laut dem Kraftfahrt-Bundesamt nahmen die Neuzulassungen im April um mehr als ein Fünftel gegenüber dem Vorjahresmonat ab.

Damit die Kosten nicht ausufern, treibt VW auch seine bestehenden Umbau- und Einsparkonzepte voran. 2021 habe der Konzern die Fixkosten von gut 23 auf 19 Milliarden Euro gedrückt, sagte Antlitz. «Ziel ist es, das Niveau dieses Jahr zu halten.» Im Startquartal blieb das Gesamtgeschäft weitgehend stabil: Obwohl die Gruppe gut ein Fünftel weniger Fahrzeuge auslieferte, erhöhte sich der Umsatz leicht um 0,6 Prozent auf 62,7 Milliarden Euro. Eine Rolle spielte die Übernahme des US-Lkw-Bauers Navistar, der nun in den Zahlen enthalten ist.

Sorge vor weiteren Folgen des Krieges in der Ukraine

Ein wohl bevorstehendes europäisches Öl-Embargo gegen Russland könnte die Situation komplizierter machen. «Wir sind besorgt», meinte Diess. Zum Kohle-Importstopp sagte er: «Wir sind gerade mitten im Umstieg von Kohlekraftwerken auf Gas. Wir versuchen, hier widerstandsfähig zu sein, können aber nicht beurteilen, was in den Lieferketten passieren würde, falls es zu einem Abschneiden von der Gasversorgung kommt.» Deutschlands Wirtschaft dürfte das ihm zufolge erheblich treffen.

Das Massengeschäft mit der VW-Kernmarke ist besonders von der schwierigen Lage betroffen. Der Umsatz der «Volumengruppe», zu der auch Skoda, Seat und die leichten Nutzfahrzeuge gehören, ging von 27,4 auf 24,4 Milliarden Euro zurück. Allein betrachtet rutschte VW Pkw bei den Erlösen von 17,6 auf 14,9 Milliarden Euro ab, das Ergebnis nahm geringfügig von 490 auf 513 Millionen Euro zu.

Audi, Bentley und Lamborghini wuchsen zusammengenommen beim bereinigten Gewinn von 1,5 auf 3,5 Milliarden Euro. Porsche verdiente mit 1,4 Milliarden Euro ebenso mehr (Vorjahresquartal: 1,2 Mrd Euro).

Laut Diess bleibt die Nachfrage insbesondere nach E-Autos hoch – bei teils sehr langen Lieferzeiten: «In einigen Märkten verkaufen wir bereits das Modelljahr 2023.» Er hoffe, dass die Corona-Restriktionen in China bis Ende Mai auslaufen. Dort arbeiten auch 600 Beschäftigte der Software-Sparte Cariad, um die Systeme «besser an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen». Das Geschäft lief zuletzt nicht so gut wie erhofft, weil dort bestimmte Funktionen nicht angeboten wurden.

In den USA setzt VW auch stärker auf E-Fahrzeuge

In den USA, wo die Gruppe bis 2030 zehn Prozent Marktanteil erreichen will, setzt VW auch stärker auf E-Fahrzeuge. Zunächst solle die Produktion im bestehenden Werk in Chattanooga in etwa verdoppelt werden, sagte Diess. Man denke über «zusätzliche Kapazitäten nach, aber das ist noch nicht entschieden, ob das in den Vereinigten Staaten oder in Mexiko sein wird – höchstwahrscheinlich in den USA.»

Auch bei Cariad will VW mehr investieren. «In diesem Jahr planen wir rund 3 Milliarden Euro ein, das kann auch nächstes Jahr noch einmal etwas ansteigen», sagte Antlitz. Noch ist die Sparte defizitär, ab 2026 sollen dann Rückflüsse der Marken zur fertigen Software die Wende bringen. Cariad-Chef Dirk Hilgenberg schrieb in einem Brief an die Beschäftigten: «Es ist nicht unerwartet, dass nicht alles nach Plan läuft. Die Größenordnung der Veränderungen, die alle gleichzeitig bewältigt werden wollen, ist beeindruckend.»

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