Mitarbeiter des Luftsicherheitspersonals demonstrieren in der Abflughalle im Terminal 1 des Flughafens BER. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Carsten Koall/dpa)

Erneute Warnstreiks des Sicherheitspersonals bringen an fünf deutschen Flughäfen den Betrieb am Donnerstag weitgehend zum Erliegen. Betroffen sind die Standorte Berlin, Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden sowie Köln/Bonn, wo der Arbeitskampf bereits am Mittwochabend begann. In der Regel sind an den Flughäfen sämtliche Abflüge gestrichen worden, weil Passagiere und Waren keine Sicherheitskontrollen mehr durchlaufen können. Bei den Landungen kommt es ebenfalls zu zahlreichen Ausfällen.

Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV dürften mehr als 580 Flugverbindungen abgesagt sein, 90.000 Reisende müssten umplanen. Für Freitag hat Verdi auch in Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden, Leipzig sowie weiterhin in Karlsruhe/Baden-Baden zu Warnstreiks bei den Sicherheitsbeschäftigten aufgerufen.

Welle an Arbeitskämpfen im Luftverkehr

Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt ist von den Warnstreiks an beiden Tagen nicht betroffen. Dort wie auch in München könnte allerdings der zweitägige Streik des Lufthansa-Kabinenpersonals vom Dienstag und Mittwoch vereinzelt noch Verspätungen und Flugausfälle nach sich ziehen. Die Gewerkschaft Ufo hatte Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter des Mutterkonzerns sowie der Tochter Cityline am Frankfurter Airport und einen Tag später am Flughafen München zum Ausstand aufgerufen. Auch an anderen Standorten kam es deshalb zu Einschränkungen.

Derzeit überziehen Gewerkschaften den Luftverkehr mit einer ganzen Welle an Arbeitskämpfen, die zu mal mehr, mal weniger Einschränkungen für die Passagiere führen. Besonders häufig trifft es dabei die Lufthansa.

In der Woche zuvor gab es Warnstreiks beim Bodenpersonal der Lufthansa. Das Unternehmen konnte nur rund 10 bis 20 Prozent seiner Flüge anbieten. Dort startete nun die nächste Verhandlungsrunde. Verdi verlangt für das Bodenpersonal bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 12,5 Prozent mehr Geld, während Lufthansa bei einer Laufzeit von 28 Monaten bislang 10 Prozent angeboten hat.

Im Tarifstreit der aktuell streikenden Luftsicherheit geht es hingegen um die Arbeitsbedingungen von etwa 25.000 Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister. Sie kontrollieren im Auftrag der Bundespolizei Passagiere, Personal und Gepäck an den Zugängen zum Sicherheitsbereich. Bei dem Konflikt sind bislang fünf Verhandlungsrunden ohne Ergebnis geblieben. Verdi fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten eine Stundenlohnerhöhung um 2,80 Euro mit schneller einsetzenden Mehrarbeitszuschlägen ab der ersten Überstunde.

Die Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) haben nach eigenen Angaben 2,70 Euro mehr pro Stunde in drei Stufen angeboten, wodurch die Monatslöhne um 432 Euro bis 470 Euro steigen würden. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 24 Monaten haben. Eine sechste Verhandlungsrunde mit Verdi ist für den 20. März verabredet.

Schwierige Situation für Reisende

Die Situation ist für Passagiere auch deshalb nicht einfach, weil aufgrund eines weiteren Tarifstreits bei der Deutschen Bahn derzeit auch auf die Schiene kein Verlass ist. Zwar sprechen sich die Gewerkschaften im Luftverkehr nicht mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ab. Trotzdem kam es bereits zwei Mal zu parallelen Arbeitskämpfen im Luft- und Zugverkehr.

Nicht immer steht bei den Tarifkonflikten mehr Geld im Mittelpunkt. Knackpunkt im Tarifstreit bei der Bahn ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt. Das hat zuletzt auch aufseiten der Bundesregierung Kritik ausgelöst.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck etwa hatte am Mittwochabend dafür geworben, der Arbeit einen höheren Wert beizumessen, sie als etwas Positives zu begreifen und auch angemessen zu vergüten. «Jedenfalls wird ein bisschen im Moment zu viel für immer weniger Arbeit gestreikt beziehungsweise geworben. Und das können wir uns in der Tat im Moment nicht leisten», sagte der Grünen-Politiker beim «Zukunftstag Mittelstand». Das könne sich Deutschland bei schlechter Wirtschaftslage nicht erlauben. Es seien 700.000 offene Stellen gemeldet, womöglich seien es insgesamt sogar zwei Millionen. Zugleich altere die Gesellschaft.

«Ich beobachte eine Mentalität, in der nicht mehr gestreikt wird für höheres Gehalt, sondern für weniger Arbeitszeit», sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der gleichen Veranstaltung. «Es ist aber noch niemals in der Geschichte beobachtet worden, dass eine Gesellschaft ihren Wohlstand dadurch erhält oder mehrt, indem sie weniger arbeitet, sondern zumeist müssen die Anstrengungen erhöht werden, um zu mehr Wohlstand zu kommen.»

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