Die deutschen Häfen sollen mit einer Hafenstrategie gestärkt werden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Deutschlands Häfen sollen gestärkt werden. Ein wichtiger Schritt dazu soll eine Nationale Hafenstrategie sein, die am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Die deutschen Häfen sollten fit gemacht werden für die Zukunft, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in Berlin. Die Häfen haben in den vergangenen Jahren zum Beispiel beim Containerumschlag im internationalen Wettbewerb Marktanteile verloren, wie es in der Hafenstrategie heißt. Häfen spielen außerdem eine wichtige Rolle bei der Energiewende. Dazu muss aber die Infrastruktur ausgebaut werden – und das kostet viel Geld. Darüber gibt es allerdings Streit zwischen dem Bund und den Küstenländern.

Bedeutung der Häfen

Die deutschen See- und Binnenhäfen hätten als «Knotenpunkte der maritimen und kontinentalen Lieferketten» eine sehr hohe wirtschaftliche und strategische Bedeutung, heißt es in der Strategie. Deutschland wickelt rund 60 Prozent seines Im- und Exports über den Seeweg ab. Der mit Abstand größte und wichtigste Hafen des Landes liegt in Hamburg, es folgen Bremerhaven und Wilhelmshaven. Hamburg liegt in Europa deutlich hinter Rotterdam und Antwerpen-Brügge. 

Eine wichtige Rolle spielen Häfen aber nicht nur für den Warenumschlag – sondern auch als Knotenpunkte für die Energiewende, also den allmählichen Abschied von fossilen Energieträgern wie Gas und Kohle. Eine wichtige Rolle dabei spielt Cuxhaven – über den Hafen kommen laut Bundesverband Windenergie 80 Prozent der benötigten Rotorblätter für Windräder an. Die verfügbaren Hafenkapazitäten dort sind aber ausgelastet, daher soll der Hafen ausgebaut werden. 

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hofft zudem auf einen Ausbau der Infrastruktur für alternative Treibstoffe. «Häfen sind insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung alternativer Treibstoffe für unsere Schiffe der Zukunft entscheidend und daher essenziell, um die Seeschifffahrt auf ihren Weg zur Dekarbonisierung zu unterstützen», sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. 

Kernpunkte der Strategie

In der Strategie werden den Häfen wichtige Zukunftsaufgaben zugewiesen: im Bereich der Energiewende, der Transformation der Industrie, der Versorgungs- und Produktionssicherheit, der neuen Sicherheitsarchitektur im Rahmen der Nato und auch im Kampf gegen Drogen- und Waffenschmuggel. 

Die deutschen Häfen sollen national und international wettbewerbsfähig sein und frei von kritischen Abhängigkeiten agieren, wie es in der Strategie heißt. Es gehe um Wettbewerbsbedingungen, eine verstärkte Kooperation der Häfen untereinander, die Erforschung und Entwicklung innovativer Hafentechnologien und eine «konsistente» Hafen- und Infrastrukturpolitik. «Mit 139 Maßnahmen wollen wir dafür sorgen, dass unsere Häfen resilient und digital werden», sagte Wissing.

In der Strategie heißt es zum Beispiel, Häfen würden teilweise als kritische Infrastrukturen eingestuft. Bei Investitionen und Beteiligungen aus Drittstaaten seien deshalb nicht nur die nationalen Sicherheitsinteressen zu prüfen, sondern es solle auch eine enge europäische Koordinierung geben, um die europäische Hafeninfrastruktur zu sichern. In der Vergangenheit gab es heftigen Streit über eine Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem Containerterminal im Hamburger Hafen.

Häfen sollen außerdem «robust» gegenüber physischen und Cyberangriffen sein und widerstandsfähig gegen kriminelle Einflussnahmen, wie es in der Strategie heißt. Die organisierte Kriminalität an deutschen Häfen nehme zu.

Zudem sollen für einen Ausbau der Häfen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Die Leistungsfähigkeit der seewärtigen Zufahrten zu den deutschen Seehäfen und ihren Hinterlandanbindungen sei ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der Häfen. Auch die Binnenhäfen würden durch eine «unzureichende Belastbarkeit» und Stabilität der Verkehrswege beeinträchtigt. Die Zuverlässigkeit der Verkehrsinfrastruktur müsse deutlich verbessert werden.

Streit ums Geld

Küstenländer und Hafenwirtschaft bestehen weiter auf einem stärkeren Engagement des Bundes. 400 Millionen Euro für Erhalt und Betrieb der Häfen pro Jahr, lautet die seit Langem von ihnen erhobene Forderung. 38 Millionen Euro zahlt der Bund derzeit für alle Häfen, über einen sogenannten Hafenlastenausgleich. 

Ein erhöhter Ausgleich für die besonderen finanziellen Belastungen durch die Seehäfen müsse der nächste Schritt nach Vorlage der Strategie sein, «um ins Handeln zu kommen», heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung der zuständigen Ressortchefs aus Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Der Hafenstrategie der Bundesregierung fehle eine zentrale Voraussetzung: die finanziellen Mittel, teilten der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) mit. «Für die Hafenwirtschaft in Deutschland ist das eine große Enttäuschung.» Sie forderten den Bund auf, die Lücke bei der Ausgestaltung von Wirtschaftsprogrammen und bei der Aufstellung des Bundeshaushalts für 2025 zu schließen.

Wissing äußerte sich zurückhaltend. Die Zuständigkeiten seien klar verteilt, sagte der Minister. «Die Zuständigkeit für die Häfen liegt bei den Ländern. Der Bund ist zuständig für die Verkehrsanbindung.» Der Bund habe in den vergangenen zehn Jahren jeweils eine halbe Milliarde Euro im Jahr investiert. Der Bund stehe zu seiner Finanzverantwortung. «Klar ist: Wenn es Projekte gibt, die wir gemeinsam vorantreiben wollen, die im Bundesinteresse auch liegen, dann stehen wir auch dazu, finanzielle Mittel bereitzustellen. Wir wollen aber so vorgehen, dass wir sagen: Erst brauchen wir die Pläne, dann können wir die Finanzfragen klären.» Bei der Hafenstrategie gehe es nicht einfach um die Zuweisung von Finanzmitteln. 

Sprich: eine Art Blankoscheck will die Bundesregierung nicht geben. In der Strategie heißt es, alle vorgeschlagenen Maßnahmen stünden unter Vorbehalt der jeweils zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und der Finanzierungszuständigkeit. Der Streit ums Geld dürfte also weitergehen. 

Von Andreas Hoenig und Martin Fischer, dpa

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