Ein Containerschiff von Cosco liegt im Hamburger Hafen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Georg Wendt/dpa)

Im Fall der politisch umstrittenen chinesischen Beteiligung an einem Containerterminal im Hamburger Hafen läuft es innerhalb der Bundesregierung auf eine Kompromisslösung zu. Demnach würde sich der chinesische Cosco-Konzern zwar wie vor mehr als einem Jahr vereinbart an dem Terminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistikers HHLA beteiligen. Der Anteil der Chinesen würde aber nur 24,9 Prozent betragen.

Das Bundeskabinett soll den Kompromiss am Mittwoch beschließen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Die dazu erforderliche Ressortabstimmung dauerte am Dienstag noch an.

Konkret geht es um eine sogenannte Teiluntersagung. Damit werde eine strategische Beteiligung verhindert und die Beteiligung auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert, hieß es. Die Rede war von einer «Notlösung», die den Schaden begrenze. Der Erwerb von 35 Prozent der Stimmrechte an dem Terminal Tollerort durch eine Tochterfirma des chinesischen Konzerns Cosco solle teilweise untersagt werden, soweit der Stimmrechtsanteil 25 Prozent erreiche oder überschreite. Das bedeute, es dürfe nur eine Beteiligung von unter 25 Prozent geben.

Scholz vor China-Reise

Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor neuen Abhängigkeiten und wollte den chinesischen Einstieg komplett untersagen. Auch andere Ministerien wollten dies.

Das Kanzleramt drängte aber laut Medienberichten darauf, dass der Einstieg zustande kommt. Entscheide das Kabinett nicht in dieser Woche, sei der Verkauf automatisch so wie von Cosco und HHLA vereinbart genehmigt, hieß es.

Habeck bekräftigte am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg seine Haltung, «dass wir möglichst keine chinesischen Investitionen in kritischer Infrastruktur haben sollten». Er fügte hinzu, die Abstimmung in der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Anfang November nach China reist, betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Grund und Boden selbst sind zu 100 Prozent im Besitz der Hansestadt Hamburg.

Eine Beteiligung von 24,9 Prozent liegt gesellschaftsrechtlich unter der so genannten Sperrminorität von einem Viertel, mit der wichtige Entscheidungen eines Unternehmens von einem Anteilseigner blockiert werden können.

Konkurrenz sitzt in Antwerpen und Rotterdam

Offen ist, wie sich der chinesische Konzern zur neuen Sachlage verhält. Eine entsprechende dpa-Anfrage an die Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) blieb am Dienstag unbeantwortet. Nach dpa-Informationen dürfte die in Berlin gefundene Lösung aber mit der chinesischen Seite abgestimmt sein. Beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA gehe man davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mit einer auf 24,9 Prozent reduzierten Beteiligung mittragen, hieß es in Unternehmenskreisen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit Cosco gegeben.

Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Containerreederei. Deren Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Beispielsweise ist Hapag-Lloyd am Hamburger HHLA-Terminal Altenwerder beteiligt und Maersk hält Anteile an einem Terminal in Bremerhaven. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals.

Reedereien sichern sich mit solchen Beteiligungen Abfertigungskapazitäten. Im Gegenzug sichern Terminalbetreiber die Auslastung ihrer Anlagen. Zudem helfen externe Kapitalbeteiligungen, nötige Investitionen zu stemmen, die etwa für Automatisierung und klimaneutralen Umbau der Abfertigung nötig sind. Nach Einschätzung aus Branchenkreisen wäre ein Scheitern des Cosco-Einstiegs für den größten deutschen Seehafen fatal. «Die müssen das machen», heißt es. In Hamburg herrscht Sorge, dass Cosco bei einem Scheitern Geschäft beispielsweise zu den größeren Konkurrenzhäfen Rotterdam oder Antwerpen verlagern könnte. Der weltgrößte Exporteur China ist mit etwa einem Drittel der abgefertigten Container mit Abstand wichtigster Handelspartner des größten deutschen Seehafens.

Einfluss von Cosco auf deutsche China-Politik?

Der sich nun abzeichnende Kompromiss ist in der Ampel-Koalition umstritten. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte der dpa: «Die Teiluntersagung der Übernahmeabsichten von Cosco würde dem Ausverkauf unserer kritischen Infrastruktur an ein chinesisches Staatsunternehmen immerhin die Spitze nehmen.» Das ändere aber nichts daran, dass die Entscheidung von Scholz, den Verkauf nicht komplett zu untersagen, falsch sei. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der dpa, der Kompromiss mit einer geringeren chinesischen Beteiligung sei ein weiterer folgenschwerer Fehler in Zeiten großer Ungewissheit.

Das China-Institut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: «Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.» Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt – sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.

Von Andreas Hoenig und Thomas Kaufner, dpa

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