Die EZB will den Euro-Scheinen ein neues Antlitz verpassen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa)

Wird der Euro emotionaler? «Wir wollen Euro-Banknoten entwickeln, mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger in Europa identifizieren können und die sie mit Stolz verwenden», kündigte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta am Montag an.

In einem mehrstufigen Verfahren wollen die Währungshüter am Design einer neuen Generation der Gemeinschaftswährung feilen. Bürgerinnen und Bürger will die Notenbank umfassend einbinden, 2024 soll der EZB-Rat dann über die Herstellung neuer Scheine entscheiden und wann diese unters Volk gebracht werden könnten.

«Nach 20 Jahren ist es an der Zeit, die Gestaltung unserer Banknoten unter die Lupe zu nehmen und sie so zu gestalten, dass sich Europäerinnen und Europäer unabhängig von Alter oder Hintergrund besser mit ihnen identifizieren können», begründete EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Die Notenbank signalisiert damit auch, dass es weiterhin Bargeld geben wird – auch wenn elektronische Zahlungsmittel auf dem Vormarsch sind.

Es wäre die dritte Generation

Für 11 der damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurde der Euro am 1. Januar 1999 gesetzliches Zahlungsmittel – zunächst nur elektronisch, vom 1. Januar 2002 an dann auch in Form von Schein und Münze. Heute ist der Euro für gut 340 Millionen Menschen in 19 EU-Staaten offizielles Zahlungsmittel.

Die Sicherheitsmerkmale der Scheine als Fälschungsschutz wurden in den vergangenen Jahren überarbeitet und erweitert. Seit 2019 ist die zweite Euro-Banknoten-Generation komplett. Die Euro-Scheine der ersten Generation sind weiterhin gültig und werden nach und nach von den Notenbanken aus dem Verkehr gezogen. Die – vergleichsweise nüchternen – Motive auf den Scheinen blieben erhalten: Bauwerke, die es in Wirklichkeit nicht gibt.

Ganz anders zu D-Mark-Zeiten: Bettina von Arnim, Carl Friedrich Gauß, Annette von Droste-Hülshoff, Clara Schumann, die Brüder Grimm – berühmte Persönlichkeiten, bekannte Bauwerke und Gegenstände statt Fantasiearchitektur zierten damals die Scheine.

Lange Suche nach Motiven

Beim Design der Euro-Scheine in den 1990er Jahren war wenig Platz für nationale Befindlichkeiten, wie der damalige EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing schildert: «Als wir in der Bundesbank diskutiert haben, wie die neuen Euro-Scheine aussehen sollten, war mir von Anfang bewusst, dass das nur möglich ist mit Symbolen, die keinen nationalen Charakter aufweisen», erinnert sich Issing. «Stellen Sie sich vor, die Franzosen hätten darauf bestanden, Napoleon auf einem Geldschein zu haben. Da hätten die Länder, die unter Napoleon gelitten haben, protestiert. Und so gibt es viele Beispiele. Man hat sich dann für Symbole entschieden völlig neutraler Art: Brücken. Das sollte das Symbol sein: Der Euro baut Brücken in Europa.»

Bei der Gestaltung neuer Banknoten wollen Europas Währungshüter nun Brücken bauen zu den Verbrauchern. Die EZB werde «mit den europäischen Bürgerinnen und Bürgern in einem Verfahren zusammenarbeiten, das 2024 zu einer endgültigen Entscheidung führen dürfte», teilte die Notenbank in Frankfurt mit.

Im ersten Schritt werden Fokusgruppen gebildet, die von den Menschen im gesamten Euroraum Meinungen zu möglichen Themen für die künftigen Euro-Banknoten einholen sollen. Anschließend wird eine Themenberatungsgruppe, in der jeweils eine Expertin oder ein Experte aus jedem Land des Euroraums vertreten ist, dem EZB-Rat eine Auswahl neuer Themen vorschlagen. Die EZB wird dann die Öffentlichkeit um ihre Meinung zu den ausgewählten Themen bitten. Nach Abschluss des Gestaltungsverfahrens wird der EZB-Rat über die Herstellung der neuen Scheine und deren mögliche Ausgabetermine entscheiden.

Bulgarien und Kroation sollen mitreden

In den Prozess sollen auch die Menschen in Bulgarien und Kroatien eingebunden werden. Beide Länder bemühen sich seit Jahren, die Kriterien für eine Aufnahme in den Euro-Club zu erfüllen. Als bislang letztes Land war zum 1. Januar 2015 Litauen als 19. Mitglied in den Kreis der Länder mit der Gemeinschaftswährung aufgenommen worden.

Wie eine mögliche neue Euro-Banknoten-Generation aussehen wird, ist nach EZB-Angaben völlig offen. Nichts sei ausgeschlossen, man sei selbst gespannt, welche Ideen aus der Bevölkerung kommen werden. Letztlich entscheidet der EZB-Rat als oberstes Entscheidungsgremium der Notenbank – auch darüber, ob es bei den aktuellen Stückelungen bleibt (5-, 10-, 20-, 50- 100- und 200-Euro) und ob künftige Scheine mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet werden.

Sicher ist: Bis sich die Menschen an erneuerte Euro-Banknoten gewöhnen müssen, wird es noch dauern. Selbst im Falle einer EZB-Entscheidung 2024 würden überarbeitete Geldscheine erst Jahre später nach umfangreichen Tests unters Volk gebracht. Eine logistische Herausforderung ist ein solches Projekt ohnehin: Im Oktober 2021 waren nach EZB-Angaben mehr als 27,6 Milliarden Euro-Banknoten im Gesamtwert von gut 1,5 Billionen Euro im Umlauf.

Von Jörn Bender, dpa

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