Die neue Bundesregierung dringt bei der Deutschen Bahn auf weniger Zugverspätungen und eine bessere Fahrgastinformation. Höhere Pünktlichkeit sei ein zentrales Thema, «das wir auch als Eigentümer beim Bahnvorstand klar artikuliert haben», sagte der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer, der Deutschen Presse-Agentur.
«Um Pünktlichkeit zu erreichen, ist vor allen Dingen das Baustellen-Management zentral.» Der Konzern kämpft unterdessen mit immer mehr Krankmeldungen in der Omikron-Welle.
Sitzkapazität reduziert
Einzelne Züge fahren schon verkürzt, um vorsorglich die Instandhaltungswerke zu entlasten. Schon seit dem 10. Januar ist die Sitzplatzkapazität um etwa drei Prozent reduziert, wie jetzt bekannt wurde. In einigen Werken ist die Krankenquote schon zweistellig, wie aus einem Lagebild für den Aufsichtsrat hervorgeht, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Weitere «Reduktionsszenarien» seien für den Fall vorbereitet, dass die Krankenstände stark stiegen.
Die Bahn hatte im Dezember ihr Angebot ein weiteres Mal aufgestockt, weil sie laufend neue Züge erhält. Es fahren derzeit aber nur halb so viele Menschen mit den ICE- und Intercity-Zügen wie vor der Pandemie.
«Aktuell läuft der Betrieb ruhig und weitgehend reibungslos», teilte ein Bahnsprecher mit. «Wir haben derzeit nur minimale Anpassungen im Fahrplan vorgenommen, indem auf einigen Verbindungen – etwa zwischen Köln und Frankfurt – zu Zeiten mit weniger Fahrgästen statt zwei Zugteilen nur einer unterwegs ist.»
Bei Regionalzügen gibt das Lagebild das Angebot mit «weitestgehend 100 Prozent» an. Nur vereinzelt fielen Verstärkerfahrten weg. Die Krankmeldungsquoten bei Planern, Disponenten, Instandhaltungsmitarbeitern und Lokführern steigen demnach, sind aber noch deutlich einstellig. Angespannt ist die Situation demnach etwa in Nordrhein-Westfalen. Steige der Krankenstand dort weiter, könnten Verkehre nicht mehr vollständig bedient werden. Bei der S-Bahn Berlin ist der Betrieb schon reduziert.
Bahnbeauftragter dankt Bahnperonal
Der Bahnbeauftragte Theurer betonte: «Die Bahn hält auch in der Pandemie den Verkehr aufrecht, und das ist wichtig. Dafür gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mein größter Respekt und Dank.» Die Erfahrung im Sommer habe gezeigt, dass Fahrgäste im Fern- und Nahverkehr sehr schnell zurückkehren. «Deshalb sind die Prognosen des Bahnvorstands, dass die Wirtschaftlichkeit sich wieder verbessern wird, durchaus realistisch.»
Für mehr Pünktlichkeit forderte Theurer ein besseres Baustellen-Management, damit unter Betrieb gebaut werden könne. «Fahrgäste sind häufig davon betroffen, wenn Züge wegen Baustellen nicht pünktlich sind und man Anschlüsse verpasst», sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium. «Diese Unterbrechungen müssen vermieden werden.»
Theurer forderte auch konkretere Informationen bei Störungen. Dies werde in der Regel schon gemacht, die Qualität ließe sich aber sicher weiter verbessern. «Wenn man den Anschluss verpasst, ist entscheidend zu wissen, wie komme ich dann weiter? Der Grund der Verspätung allein hilft dem Fahrgast selten weiter.»
Positives Signal beim Güterverkehr
Im vergangenen Jahr kamen im Schnitt 75,2 Prozent der ICE- und IC-Züge pünktlich am Ziel an und damit deutlich weniger als im Jahr davor, wie die Deutsche Bahn mitgeteilt hatte. Im Jahr 2020, dem ersten Corona-Jahr, hatte die Pünktlichkeit bei knapp 82 Prozent gelegen. Allerdings hatte die Bahn 2021 mit mehreren Krisen zu kämpfen, die den Zugverkehr stark einschränkten, wie die Hochwasserkatastrophe vor allem im Westen Deutschlands und Streiks der der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer.
Ein erstes positives Signal sieht Theurer beim Güterverkehr: «Fakt ist, dass die Bahn bei einem insgesamt steigenden Güterverkehrsvolumen ihren Anteil halten konnte. Das heißt, der Abwärtstrend konnte gestoppt werden.» Die Koalitionsparteien wollen jedoch den Anteil der Schiene am Güterverkehr von derzeit knapp 19 Prozent auf 25 Prozent erhöhen. Das erfordere massive Investitionen in die Kapazität, sagte Theurer. «Im bestehenden Netz ohne weitere Maßnahmen ist diese Steigerung kaum vorstellbar.»
Investitionen in die Infrastruktur
Wichtig sind aus Theurers Sicht auch der diskriminierungsfreie Zugang zum Bahnnetz auch für Wettbewerber ein leichterer grenzüberschreitender Güterverkehr sowie Investitionen in die Infrastruktur und die Digitalisierung des Systems. Theurer sagte weiter: «Derzeit sind wir in Gesprächen, ob und wie und in welchem Umfang die Senkung der Trassenpreise während der Pandemie fortgesetzt werden kann. Die Trassenpreise sind wettbewerbsneutral, weil sie allen Eisenbahnunternehmen zugutekommen.» Die Trassenpreise sind eine Art Schienen-Maut.
Als neuer Beauftragter will Theurer die Digitalisierung für mehr Kapazität im Bahnnetz voranbringen, ebenso den Deutschlandtakt und einfachere Tarifsysteme für die Reisenden etwa über Apps sowie die Elektrifizierung der Strecken.