Ist die Queen ein politisch denkender Mensch? «Als Staatsoberhaupt gibt sie keinen Kommentar dazu, und das soll sie auch nicht. Sie ist darin sehr, sehr gut.» (Urheber/Quelle/Verbreiter: Joe Giddens/PA Wire/dpa)

Sie ist seit 70 Jahren Königin – in Großbritannien wird das Thronjubiläum von Elizabeth II. dieses Jahr groß gefeiert. Es sind turbulente Zeiten, politisch und auch für die Royals.

Dass die fast 96 Jahre alte Queen zu Lebzeiten je aufhören wird, ist nicht denkbar. Das macht auch die britische Botschafterin Jill Gallard (53) im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin deutlich. «Die Königin hat immer gesagt, dass sie den Dienst für die Öffentlichkeit ihr ganzes Leben machen wird.»

Am 6. Februar 1952 starb König George VI. Damit wurde seine Tochter Elizabeth, damals auf einer Reise in Kenia, automatisch Königin, die Krönung war ein Jahr später. Das Jubiläum («Platinum Jubilee») wird im Juni offiziell gefeiert.

Gespräche mit Winston Churchill

«Ich höre, dass es ihr sehr gut geht», sagt Gallard, die seit November 2020 Botschafterin in Berlin ist. In Deutschland soll wie üblich der Geburtstag der Queen (21. April) nachgefeiert werden. Zwei Jahre ging das wegen der Corona-Pandemie nicht. «Wir drücken die Daumen, dass wir im Juni in Berlin eine Gartenparty machen und auch an anderen Orten feiern können.»

Gallard hatte selbst zwei Treffen mit der Queen, einmal als Studentin und Chorsängerin in Edinburgh und ein längeres Gespräch, bevor sie 2011 Botschafterin in Portugal wurde. Die Königin habe 14 Premierminister kennengelernt, betont Gallard. «Sie hat jede Woche mit Winston Churchill gesprochen. Wenn man darüber nachdenkt, ist das ein bisschen unglaublich.» Sie hätten damals über globale Politik, Europapolitik und portugiesische Politik gesprochen. «Diese Weisheit, diese Erfahrung aus den 60 Jahren, die sie damals Königin war: das war für mich ein Highlight meiner Karriere.»

Kein Kommentar

Ist die Queen ein politisch denkender Mensch? «Als Staatsoberhaupt gibt sie keinen Kommentar dazu, und das soll sie auch nicht. Sie ist darin sehr, sehr gut.» Es sei sehr wichtig für die Monarchie, dass die Königin über der Politik stehe. Stolz war die Botschaft laut Gallard, dass die Königin beim G7-Gipfel in Cornwall und einen Monat später in London mit der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel sprach. «Das passiert nicht so oft, dass die Königin einen Premier oder einen Bundeskanzler trifft, wenn es kein Staatsbesuch ist. Das war ein Symbol für die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien.»

Dass die Länder verbunden sind, spiegelt sich laut der Botschafterin auch darin, dass die Queen für fünf Staatsbesuche anreiste. «Bei den Staatsbesuchen in Deutschland gab es immer Themen: 1965, 20 Jahre nach dem Kriegsende, ging es um Versöhnung. Der dritte Staatsbesuch war der erste nach der Wiedervereinigung und sie war das erste Mal in Ostdeutschland.»

Dass ein Prozess im Missbrauchsverfahren gegen Prinz Andrew das Thronjubiläum überschatten könnte, glaubt Gallard nicht, wie sie sagt. «Prinz Andrew hat seine militärische Ehren zurückgegeben, er absolviert keine öffentlichen Aufgaben, Besuche oder Treffen. Das wird keinen Einfluss haben. Alle Briten und alle Botschaften wollen diese 70 Jahre im Amt feiern. Ich glaube, dass dies der Fokus sein wird.»

Zwei Paar Schuhe

Kann die Queen angesichts der schlechten Presse für die Downing Street und Premier Boris Johnson auch dazu beitragen, dass das Ansehen des Landes wieder etwas besser wird? Ist sie ein Sympathieträger?

Dazu sagt die Diplomatin: «Bei der Mehrheit der Premierminister gibt es immer Zeiten, in denen die Presse kritisch ist.» Aber das sei das Leben in der Politik. «Unser Fokus sind die Regierung und der diplomatische Dienst, in die Zukunft zu schauen, die Erholung von der Covid-Pandemie und uns auf den Klimaschutz zu konzentrieren.» Wenn man Gallards Worte aus dem Diplomatischen übersetzt, könnte man das so verstehen: Die Queen und die britische Politik, das sind natürlich zwei Paar Schuhe.

Gallard weiß, dass viele Deutsche britisches Fernsehen gucken, die Windsor-Saga «The Crown» oder die Kostümserie «Downton Abbey». Wie viel hat das mit der Wirklichkeit zu tun? «Gute Frage. Zuerst einmal: Die britische Filmindustrie und das Fernsehen sind für unseren Handel sehr wichtig und auch für unsere Reputation. Was „The Crown“ angeht: Das ist historische Fiktion. Das bedeutet, dass es eine Seite der Wahrheit gibt und eine der Fiktion. Wir sagen auf Englisch „take it with a pinch of salt“ – nehmt es nicht ganz wörtlich.» Aber sie kenne viele Deutsche und Briten, gerade junge Leute, die sagten, sie hätten viel über die Geschichte der britischen Monarchie gelernt, etwa über die 50er und 60er Jahre.

Von Caroline Bock, dpa

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