Nach der Ankündigung Russlands, die Ausfuhr von Weizen, Gerste, Roggen und anderem Getreide einzuschränken, wachsen die Sorgen auf den Agrarmärkten. Für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland könnte es zu höheren Preisen kommen.
Andere Länder dürften aber weitaus stärker betroffen sein. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) produziert Russland mehr als elf Prozent des Weizens weltweit.
Düngerpreise steigen auch
Das günstige Getreide aus Russland landet in Deutschland vor allem in Futtertrögen von Tieren. Nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace könnte 80 Prozent dieses als Futter eingesetzten Weizens aber auch der menschlichen Ernährung dienen. Für ärmere Länder, die auf die günstigen Importe angewiesen sind, könnten Preissteigerungen verheerende Folgen haben.
In Deutschland sorgen sich derzeit etwa die Milcherzeuger in Niedersachsen über einen weiter steigenden Kostendruck. Aufgrund eines global begrenzten Angebots dürften sich die Produzenten zwar über steigende Preise freuen, teilte die niedersächsische Landwirtschaftskammer mit. Ein Großteil der Erlöse werde aber durch die explodierenden Energie- und Futterkosten sowie steigende Düngerpreise aufgezehrt. Energie und Dünger sind im Zuge des Kriegs noch teurer geworden.
Entspannter äußerte sich der der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. «Der Exportstopp hat zunächst keine direkten Auswirkungen, weil wir in Deutschland und der EU einen Selbstversorgungsgrad bei Getreide von teilweise über 100 Prozent haben.» Hinzu kämen lang laufende Lieferverträge, die die Preise weiter stabilisierten.
Bäcker sorgen sich um Energiepreise
Auf längere Sicht könnten die Bäckereien aber durchaus die steigenden Weltmarktpreise für Getreide zu spüren bekommen. «Zudem sind die Ukraine und Russland wichtige Lieferanten bei Saaten, wie etwa Sonnenblumenkernen. Auch dies wird Auswirkungen auf die Preise haben.» Ähnlich wie den Milchbauern bereiten den Bäckerunternehmen derzeit vor allem die steigenden Energiekosten Sorgen.
Länder südlich Europas sind stärker von den russischen Ausfuhrbeschränkungen betroffen. So stammte 2020 nach UN-Angaben jeweils rund 40 Prozent des in Ägypten, der Türkei, Aserbaidschan und dem Sudan verbrauchten Weizens aus Russland. «Wir müssen alles tun, um einen Hurrikan des Hungers und einen Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems abzuwenden», hatte UN-Generalsekretär António Guterres gesagt.
Hintergrund der russischen Importbeschränkung ist laut Regierung, dass der Bedarf im Land gesichert und ein Preisauftrieb für Verarbeiter und Verbraucher verhindert werden soll. Die EU-Kommission will in der kommenden Woche Pläne vorstellen, wie auf die geänderte Versorgungslage seit Beginn des russischen Angriffskriegs reagiert werden könnte. Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte: «Innerhalb der EU besteht keine unmittelbare Gefahr für die Ernährungssicherheit.»