Die Wirkung der Steuerentlastung auf Kraftstoffe schmilzt dahin. Die Spritpreise steigen immer weiter. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Die Wirkung der Steuerentlastung auf Sprit schmilzt zusehends dahin, Diesel steuert auf Preise über zwei Euro zu und Politik und Ökonomen diskutieren über Gründe und Gegenmaßnahmen.

Superbenzin der Sorte E10 kostete im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Dienstag 1,948 Euro pro Liter, wie der ADAC mitteilt. Das sind 0,6 Cent mehr als am Montag. Diesel verteuerte sich um 1,6 Cent auf 1,992 Euro. Dieser Aufwärtstrend setzte sich auch am Mittwochvormittag fort. Halte er an, werde Diesel wohl auch im bundesweiten Tagesdurchschnitt über 2 Euro pro Liter steigen, sagte ein Sprecher.

Fratzscher bezeichnet Tankrabatt als Fehler

Damit ist vom Rückgang des vergangenen Mittwochs immer weniger übrig: Vergleicht man die Tagesdurchschnittswerte des Dienstag mit denen eine Woche zuvor, ist Diesel um 5,2 Cent billiger als am Tag vor der Steuerentlastung, E10 um 20,3 Cent. Beides bleibt aber weit hinter der Höhe der Steuerentlastung zurück, die bei Benzin 35,2 Cent beträgt, bei Diesel 16,7 Cent.

Die Steuersenkung sei ein Fehler gewesen, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, der Deutschen Presse-Agentur. «Denn der größte Teil der drei Milliarden Euro an Steuergeldern wird in den Taschen der Mineralölkonzerne landen.»

Als Gegenmaßnahme schlug er vor: «Die Bundesregierung sollte dem Beispiel Italiens und Großbritanniens folgen und eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne einführen.» Diese könne «auf die zusätzlichen Umsätze im Vergleich zu 2021 erhoben werden und eine 50-prozentige Steuer auf zusätzliche Gewinne beinhalten.» Die Einsparung könne die Regierung an alle Bürger in Form einer Energiepauschale zurückgeben.

Habeck für eine Übergewinnsteuer – Lindner dagegen

Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sprach sich für die Übergewinnsteuer aus. «Vom Krieg zu profitieren, das gehört sich eigentlich nicht», sagte er im RTL -«Nachtjournal Spezial». Das Problem sei allerdings, diese Profite von anderen abzugrenzen. «Trotzdem, finde ich, man soll daran arbeiten, wissend, dass es kompliziert ist.» Sein Koalitionspartner und Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte eine solche Steuer am Dienstag abgelehnt.

Diese Haltung teilt Unionsfraktionsvize Thorsten Frei: In der «Rheinischen Post» nannte er die Idee «Planwirtschaft pur, mit marktwirtschaftlichem Denken hat sie nichts zu tun.» Jens Spahn, ebenfalls Unionsfraktionsvize, hatte dagegen gesagt, man müsse ungerechtfertigte Extra-Gewinne von Öl-Multis wie in Großbritannien mit einer Steuer abschöpfen.

Ökonomen lehnen Übergewinnsteuer ab

Auch andere Ökonomen warnten vor einer Übergewinnsteuer. Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen und Berater von Finanzminister Lindner, Lars Feld, sagte der Zeitung: «Sie dürfte kaum verfassungsgemäß sein. Ökonomisch wird man zudem fragen müssen, ob der Staat dann zukünftig übermäßige Verluste ausgleichen muss.» Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte der Zeitung: «Die Übergewinnsteuer dürfte letztendlich mehr schaden als nützen.» Es gebe keine klare Definition, was ein Übergewinn genau sei und die Gefahr bestehe, «dass man auch Unternehmen besteuert, die mit ihren Aktivitäten zur Bewältigung der Krisen beigetragen haben».

Zur Frage, warum die Preise nicht in gleichem Maß wie die Steuer gesunken sind, sagte Tomaso Duso, Wettbewerbsexperte am DIW: «Der Grund dafür ist, dass die Raffinerien Marktmacht haben. Das ist nicht unbedingt ein böswilliges Verhalten, sondern das Ergebnis hoher Marktkonzentration bei Raffinerien und Mineralölkonzernen.» Wirtschaftswissenschaftler hätten davor gewarnt, die Politik habe es aber nicht hören wollen. «Der Tankrabatt ist nun vertan.»

Absprachen können nicht nachgewiesen werden

Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, dämpfte im Bayerischen Rundfunk erneut die Erwartungen, Absprachen in der Mineralölbranche nachweisen zu können. Der Markt sei sehr transparent. Dadurch könnten die Unternehmen «blitzschnell» auf Preisänderungen der Konkurrenz reagieren. «Dadurch kann natürlich für die Autofahrer oder Autofahrerinnen der Eindruck entstehen: Das kann nur eine Absprache sein, wenn ich überall ähnliche Preise vorfinde.»

Von Christof Rührmair und Bernd Röder, dpa

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