2030 sollen einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group zufolge zwei Drittel der verkauften Autos einen Elektriantrieb haben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Julian Stratenschulte/dpa)

Deutschland wird nach einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group zu einem weltweiten Vorreiter bei der Elektromobilität. 2025 dürften schon fast 40 Prozent der verkauften Autos rein batteriebetrieben sein, 2030 sogar schon zwei Drittel.

«Das ist im internationalen Vergleich mit der höchste Wert», teilte BCG am Freitag mit.

Beschleuniger: Strenge Vorgaben und Investitionen

Für die Berechnungen sei ein Verbrennerverbot in der EU ab 2035 schon einkalkuliert. Zunehmend strengere Vorgaben und die hohen Investitionen der Autoindustrie beschleunigten die Elektrifizierung, sagte BCG-Branchenexperte Albert Waas.

In drei Jahren dürften in der EU 30 Prozent der neuen Autos rein batterieelektrisch (BEV) sein, in China 29 Prozent und in den USA 19 Prozent. «2028 werden reine Elektroautos der meist verkaufte Fahrzeugtyp weltweit sein», erwartet die Unternehmensberatung. Für 2030 rechnet BCG in der EU mit einem BEV-Anteil von 60 Prozent, in China von 52 Prozent, in den USA von 47 Prozent. Außerhalb dieser drei Hauptmärkte bleiben demnach zunächst weiterhin Benziner und Dieselfahrzeuge gefragt: Dort dürfte der BEV-Anteil an den Verkäufen auch 2035 nur etwa 35 Prozent ausmachen.

Chipmangel, Lieferketten und Laden als Probleme

«Die Herausforderungen der Autoindustrie sind nun die zwei großen «L»s: Lieferketten und Laden», sagte Waas. Auch der Chipmangel werde die Branche weiter beschäftigen. «Die Nachfrage nach Lithium wird sich bis zum Ende der Dekade verachtfachen, und die Batteriepreise werden wieder ansteigen.» Schon 2025 werde die Autoindustrie eine Million Tonnen Lithium brauchen, 2030 sogar 2,2 Millionen Tonnen. Die Batterie macht gut ein Drittel des Autopreises aus. Die Autohersteller müssten sich frühzeitig Zugriff auf Rohmaterialien sichern, zum Beispiel über Partnerschaften oder direkte Beschaffung, und sich recyclingfähiges Material zurückholen und neu verwerten.

Der zweite Knackpunkt sind öffentliche Ladesäulen für Autofahrer, die keine Wallbox zuhause oder am Arbeitsplatz haben: «Die Ladeinfrastruktur kann kurzfristig nicht mit der rasanten Geschwindigkeit der Elektrifizierung mithalten», sagte Waas. Weltweit dürfte es 2025 erst sechs Millionen öffentliche Ladepunkte geben.

VDA: 22 E-Autos für eine Ladesäule

Zum Stichtag 1. Mai kamen in Deutschland im Schnitt 22 E-Autos auf eine Ladesäule, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) mitteilte. Ein Jahr zuvor waren es demnach noch 17 Fahrzeuge pro Ladepunkt und Anfang Oktober 2021 waren es 21. Die zugrundeliegenden Daten stammen von der Bundesnetzagentur, die diese in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Über die VDA-Auswertung hatte zuvor der «Spiegel» berichtet.

«Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Elektrofahrzeugen bis 2030 hat die Notwendigkeit eines ambitionierten Ausbaus der Ladeinfrastruktur weiter erhöht», teilte VDA-Präsidentin Hildegard Müller der Zeitschrift mit. «Trotzdem geht der Ausbau viel zu langsam voran.»

Ziel: Eine Million Ladepunkte bis 2030

Zwischen Mai 2021 und Mai 2022 sind laut VDA im Schnitt rund 57.000 Elektroautos pro Monat neu zugelassen worden. Die Zahl der öffentlichen Ladepunkte stieg im selben Zeitraum insgesamt um lediglich etwa 1300 pro Monat. Dem Verband zufolge brauche es aber 2000 neue Ladepunkte pro Woche, um das Ziel von einer Million bis 2030 zu erreichen.

Zwar hat sich der Statistik zufolge in den meisten Landkreisen und kreisfreien Städten die Zahl der öffentlichen Ladepunkte erhöht. In mehr als der Hälfte aller knapp 10.800 Gemeinden in Deutschland gebe es aber, Stand 1. Mai, keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt.

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