Das Gebäude der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in Washington. (Urheber/Quelle/Verbreiter: J. Scott Applewhite/AP/dpa)

Die US-Notenbank steht zur Bekämpfung der hohen Inflationsrate vor ihrer zweiten ungewöhnlich hohen Erhöhung des Leitzinses. Die Entscheidung zum weiteren Kurs der Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) wird heute bekanntgegeben.

Erwartet wird eine erneute Leitzinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf eine Spanne von dann 2,25 bis 2,5 Prozent. Erst im Juni hatte die Fed den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Es war der größte Zinsschritt seit 1994, also seit fast 30 Jahren. Für gewöhnlich zieht es die Fed vor, den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten anzuheben.

Drahtseilakt für die Zentralbanker

Insgesamt wäre es die vierte Erhöhung des Leitzinses seit dem Beginn der Coronavirus-Pandemie. Der Druck auf die Notenbank ist groß: Die Teuerungsrate in den USA ist mit 9,1 Prozent so hoch wie seit rund vier Jahrzehnten nicht mehr, was die Kaufkraft der Verbraucher schmälert. Erhöhungen des Leitzinses durch die Notenbank verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Für die Zentralbanker ist das ein Drahtseilakt.

Denn viele Menschen in den USA treibt die Angst vor einer Rezession um. «Wir werden keine Rezession haben», beschwichtigte US-Präsident Joe Biden jüngst. «Meine Hoffnung ist, dass wir von diesem rasanten Wachstum zu einem stetigen Wachstum übergehen und dass wir einen Rückgang sehen werden. Aber ich glaube nicht, dass wir, so Gott will, eine Rezession erleben werden.» Ähnlich äußerte sich US-Finanzministerin Janet Yellen. «Wir haben einen sehr starken Arbeitsmarkt», sagte sie im US-Fernsehen. Die Wirtschaft sei gerade in einer Übergangsphase – das Wachstum gehe zurück.

Steigende Arbeitslosenquote

Analysten sind deutlich skeptischer mit Blick auf das Risiko einer Rezession. «Ich glaube nicht, dass die Fed in der Lage sein wird, die Zinssätze über den Dezember hinaus zu erhöhen, da die Beschäftigung wahrscheinlich stark zurückgehen wird, was für die Fed ein großes Warnsignal sein dürfte», zitierte der US-Sender CNBC den Ökonomen Thomas Costerg von Pictet Wealth Management. Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits im Juni angedeutet, dass für ihn zumindest ein leichter Anstieg der Arbeitslosenquote offenbar ein notwendiger Kompromiss im Kampf gegen die hohe Inflation ist.

Wenn die Zinssätze steigen, leihen sich Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft weniger Geld oder müssen für Kredite mehr ausgeben. Folglich nimmt das Wachstum ab, Unternehmen können höhere Preise nicht mehr einfach weitergeben. Ziel ist es, die Nachfrage im Laufe der Zeit zu senken, damit die Preise sinken und sich stabilisieren können. Die Folge: Die Inflation sinkt. Wird das Wachstum aber zu schnell ausgebremst, könnten die USA in eine Rezession schlittern. Eine Rezession ist ein allgemeiner wirtschaftlicher Abschwung.

Die schnellen Schritte der Fed sollen nun zeigen, dass die Zentralbanker entschlossen sind, die Inflation einzudämmen, wie die «New York Times» schreibt. Ziel sei es, Unternehmen und Familien davon zu überzeugen, dass die derzeitige Inflation nicht von Dauer sein werde. Denn problematisch wird es, wenn sich das Verhalten der Menschen ändert, weil sie mit dauerhaft hoher Inflation rechnen. Arbeitnehmer würden dann höhere Löhne verlangen. Unternehmen würden im Gegenzug die Preise erhöhen, um die steigenden Lohnkosten zu decken. Die Preise würden immer weiter steigen.

Inflation dürfte leicht sinken

Erwartet wird nun zumindest, dass die Inflationsdaten der USA für Juli ein erstes positives Signal senden. Sie werden im August veröffentlicht – die Teuerungsrate dürfte dann zumindest etwas zurückgehen, da die Benzinpreise in den Vereinigten Staaten zuletzt wieder gesunken sind. Es wird aber erwartet, dass die Notenbank der größten Volkswirtschaft den Leitzins so lange weiter erhöhen wird, bis er etwa bei 3,5 Prozent liegt. Das wäre der höchste Wert seit 2008.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Zentralbanken zuletzt dazu aufgerufen, an ihrer straffen Geldpolitik festzuhalten, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Auch die Europäische Zentralbank kündigte in der vergangenen Woche an, dass die Leitzinsen um 0,50 Prozentpunkte steigen. Der IWF hatte seine globale Wachstumsprognose auch wegen der «hartnäckig hohen» Inflation zuletzt noch einmal gesenkt und prognostiziert nun ein schwächeres Wachstum für dieses Jahr als noch im April.

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