Obwohl sechs Ministerien davon abraten, plant das Bundeskanzleramt offenbar, den Verkauf von Anteilen des Hamburger Hafenbetreibers HHLA an die chinesische Reederei Cosco durchzusetzen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marcus Brandt/dpa)

Zwischen dem Bundeskanzleramt und mehreren Ministerien gibt es nach Medieninformationen Streit um die Genehmigung eines bereits vereinbarten chinesischen Einstiegs bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen.

«Nach Informationen von NDR und WDR haben alle sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, das Geschäft abgelehnt», berichteten die Sender. «Das Kanzleramt drängt der Recherche zufolge jedoch darauf, dass der Einstieg zustande kommen soll.»

Hintergrund ist eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco über eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am Hamburger HHLA-Terminal Tollerort (CTT). Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wollte den Bericht nicht kommentieren. Auch ein HHLA-Sprecher sagte der dpa zu dem Bericht: «Kein Kommentar».

«Erpressungspotenzial» durch die geplante Beteiligung

Den Informationen von NDR und WDR zufolge soll das federführende Wirtschaftsministerium das Thema bereits zur endgültigen Ablehnung im Bundeskabinett angemeldet haben, weil es sich um kritische Infrastruktur handele. Für Besorgnis sorgt demnach, dass durch die geplante Beteiligung ein «Erpressungspotenzial» entstehen könne.

China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner im drittgrößten europäischen Seehafen. Der Cosco-Konzern, der auch eine der weltweit größten Containerreedereien betreibt, lässt seine Schiffe seit Jahrzehnten am CTT festmachen. CTT mit vier Liegeplätzen und 14 Containerbrücken ist eines von drei Containerterminals, die die HHLA im Hamburger Hafen betreibt. Cosco will im Gegenzug zum Einstieg dort seine Ladungsströme in der Hansestadt konzentrieren, CTT soll zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa werden.

Dem Bericht zufolge drängt die Zeit: «Wenn das Bundeskabinett keinen Beschluss fasst und keine Fristverlängerung mehr vereinbart wird, würde das Geschäft laut Gesetz automatisch zustande kommen», schreiben NDR und WDR. «Das wäre nach aktuellem Stand Ende Oktober der Fall – kurz vor einem geplanten China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)».

Kritik aus Ampel-Koalition und Opposition

Scharfe Kritik zu dem geplanten chinesische Einstieg kommt von Politikern der Ampel-Koalition. «Die KP Chinas darf keinen Zugang zur kritischen Infrastruktur unseres Landes haben. Das wäre ein großer Fehler und auch ein Risiko», sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Er warnte davor, naiv gegenüber den chinesischen Machthabern zu sein. Djir-Sarai: «Die knallharten Machtinteressen, die sie verfolgen, sind nicht in unserem Interesse. Es bleibt dabei: China ist ein wichtiger Handelspartner, aber auch systemischer Rivale. Danach sollten wir handeln.»

Auch bei den Grünen stößt das Vorhaben auf Kritik. «Unsere kritische Infrastruktur darf nicht zum Spielball geopolitischer Interessen anderer werden. Europa ist ein starker Handels- und Wirtschaftsraum und auch unsere Häfen zählen zu besonders schützenswerten Einrichtungen», sagte deren Obmann im Innenausschuss des Bundestages, Marcel Emmerich, einer Mitteilung zufolge. «Wie Sigmar Gabriel damals Gasspeicher an Russland vertickte, will Olaf Scholz jetzt unbedingt Teile des Hamburger Hafen an China verhökern. Offenbar hat die SPD nichts gelernt.»

Unionsfraktionsvize Jens Spahn hat sich ebenfalls gegen das Vorhaben ausgesprochen. Spahn sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Eine Lehre aus Pandemie und Energiekrise ist: Wir müssen unabhängiger von China werden.» Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wolle die Abhängigkeit offenbar noch vergrößern. «Das wäre ein fataler Fehler.» Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe Recht. «Deutsche Häfen gehören nicht in chinesische Hand.»

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