Für die Gas- und Fernwärmekunden soll eine milliardenschwere Soforthilfe kommen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marijan Murat/dpa)

Der Bundestag hat am Donnerstag die milliardenschwere Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden beschlossen. Sie ist gedacht als Überbrückung, bis die Gaspreisbremse wirkt. Diese soll ab März greifen, die Bundesregierung prüft aber ein Vorziehen auf Februar. Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) sprach von einem wichtigen Signgal, um die Bezahlbarkeit der Gaspreise zu sichern. Dagegen kritisierte der CDU-Politiker Mark Helfrich: «Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?» Kaum jemand blicke noch durch, vor allem wie der Erstattungsbetrag berechnet werde.

Für die Soforthilfe soll am kommenden Montag in einer Sondersitzung noch der Bundesrat grünes Licht geben. Die Bundesregierung rechnet mit Kosten von neun Milliarden Euro. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, die Entlastung müsse bei sehr großen Einkommen versteuert werden. «So sorgen wir für einen sozialgerechten Ausgleich.» Den Abschlag versteuern müssen laut Gesetzentwurf diejenigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen.

Wie die Abschlagszahlung funktioniert

Konkret sollen sogenannte Letztverbraucher von leitungsgebundenem Erdgas und Wärmekunden grundsätzlich von der Dezember-Abschlagszahlung freigestellt werden. Das gilt etwa für Alleineigentümer eines einzelnen Hauses, die einen direkten Gasliefervertrag mit einem Versorger haben, aber auch für kleine und mittlere Firmen. Der Entlastungsbetrag soll gutgeschrieben werden.

Die Berechnungsgrundlage ist relativ kompliziert. Der Erstattungsbetrag wird ermittelt, indem ein Zwölftel des Verbrauchs, wie ihn der Versorger im September geschätzt hat, multipliziert mit dem im Dezember gültigen Kilowattstundenpreis. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox liegt die Dezember-Entlastung einer Familie im Reihenhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden voraussichtlich bei rund 300 Euro.

Die Verrechnung geschehe automatisch, heißt es in einem Schreiben von Kanzler Olaf Scholz (SPD) an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion. Die Soforthilfe entspreche in den meisten Fällen der Höhe der Entlastung der geplanten Gaspreisbremse für rund drei Monate, heißt es. Dazu wird ein Beispiel genannt: Eine vierköpfige Familie habe für einen Altvertrag direkt mit dem Versorger monatlich eine Vorauszahlung für den Gasverbrauch von 100 Euro gezahlt. Häufig sei die deutliche Preiserhöhung schon in diesem Jahr vorgenommen worden, so dass im Dezember 275 Euro als neue Vorauszahlung zu zahlen wären. Wenn diese höhere neue Vorauszahlung nun komplett für den einen Monat erlassen werde, werde die Familie im Dezember um 275 Euro entlastet.

Der Bund erstattet den Versorgern die Kosten direkt. Allerdings kritisierte der Stadtwerkeverband VKU, es sei nicht gewährleistet, dass die Stadtwerke die staatliche Erstattung rechtzeitig zum 1. Dezember erhielten. Die Stadtwerke seien aber nicht der «Dispogeber» der Bundesregierung, so Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Er kritisierte weiter ein «unfaires Ungleichgewicht» zu Lasten der Energieversorger. Denn der Gesetzentwurf verpflichte die Versorger, den Dezemberabschlag nicht einzuziehen oder zu erstatten.

Wie es bei Mietern aussieht

Mieter haben oft keine direkte Vertragsbeziehung mit dem Versorger, sondern die Vermieter sind Kunden meist von Stadtwerken. Stattdessen zahlen Mieter monatliche Vorauszahlungen an ihre Vermieter. Die Heizkosten werden dann mit der Nebenkostenabrechnung vom Vermieter anhand des tatsächlichen Verbrauchs final berechnet – Preiserhöhungen in diesem Jahr werden Mietern also erst im kommenden Jahr im Wege einer Nachzahlung in Rechnung gestellt. Die meisten Vermieter werden die Vorauszahlungen bald erhöhen, wie es im Schreiben von Scholz heißt. Trotzdem könne es bei der Heizkostenabrechnung im nächsten Jahr zu erheblichen Nachzahlungen kommen. Daher sollten die Vermieter die Soforthilfe bei der Betriebskostenabrechnung 2023 an die Mieter weitergeben, die Nachzahlung falle also geringer aus.

Daneben sind Sonderregelungen geplant. So hätten einige Mieter bereits in diesem Jahr vom Vermieter eine kräftige Erhöhung ihrer Vorauszahlungen erhalten, heißt es im Scholz-Brief. Für sie gelte, dass sie im Dezember die Vorauszahlung um die Erhöhung kürzen könnten. «Hier müssen die Mieterin oder der Mieter direkt aktiv werden und die Vorauszahlung kürzen.» Die restliche Entlastung durch die Soforthilfe komme ihnen über die Nebenkostenabrechnung im nächsten Jahr zugute.

Der Deutsche Mieterbund bezeichnete die Soforthilfe als enorm wichtig. «Mieterinnen und Mieter profitieren davon aber viel zu spät und werden im Gesetz benachteiligt», sagte der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, der Deutschen Presse-Agentur. «Die meisten Mieterinnen und Mieter werden mit Erdgas und Fernwärme versorgt, hier wirkt die Dezember-Entlastung aus 2022 erst im Laufe des Jahres 2023 im Rahmen der Nebenkostenabrechnung der Mieter.» Die Regelungen seien außerdem viel zu kompliziert und gerade für Mieter kaum transparent.

Im Gesetzentwurf heißt es, die Mieter seien im Dezember über die Höhe der Entlastung ihres Vermieters von den Erdgas- oder Wärmelieferungskosten zu informieren.

Falls Mieter umgezogen sind und einen neuen Mietvertrag mit höheren Nebenkostenvorauszahlungen abgeschlossen haben, soll laut Scholz-Schreiben folgendes gelten: Sie können 25 Prozent der Vorauszahlung für den Monat Dezember einbehalten. Bei Gemeinschaften von Wohnungseigentümern soll die Entlastung im Rahmen der Jahresabrechnung an die Wohnungseigentümer weitergegeben werden.

Falls Kunden den Versorger gewechselt haben, soll laut Wirtschaftsministerium folgendes gelten: Der neue Lieferant übernimmt die Verbrauchsprognose des vorherigen Lieferanten, der diesen Gasanschluss für den vorangegangen Mieter oder Eigentümer beliefert habe. Über diese Prognose könne die Entlastung berechnet werden, auf Basis des vorherigen Gaskunden für diese Wohnung.

Von Andreas Hoenig, dpa

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