Prinz Andrew (l) und Prinz Harry (dahinter) beim Trauergottesdienst für Königin Elizabeth II. in der Westminster Abbey. (Urheber/Quelle/Verbreiter: James Manning/PA Wire/dpa)

Der britische König Charles III. schiebt die umstrittenen Mitglieder der Royal Family ins Abseits. Der Monarch will seinen Bruder Andrew (62) und seinen jüngeren Sohn Prinz Harry (38) faktisch aus ihren Rollen als potenzielle Vertreter des Staatsoberhaupts drängen. Beide nehmen zwar keine offiziellen Aufgaben mehr für die Königsfamilie wahr. Trotzdem sind sie wegen ihres Rangs in der Thronfolge nach geltenden Regeln weiterhin zwei der fünf Stellvertreter (Counsellors of State) für den britischen Monarchen.

Wie der höchste Beamte des königlichen Haushalts, Lord Andrew Parker of Minsmere, im britischen Oberhaus mitteilte, schlägt Charles vor, zusätzlich seine Schwester Prinzessin Anne (72) und seinen jüngsten Bruder Prinz Edward (58) zu Counsellors of State zu machen. Das solle «gewährleisten, dass öffentliche Angelegenheiten wahrgenommen werden, wenn ich nicht verfügbar bin wie bei der Erfüllung offizieller Pflichten im Ausland», hieß es in dem von Lord Parker verlesenen Schreiben des Königs. Berichten zufolge soll eine entsprechende Gesetzesänderung noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

Zustimmung des Parlaments nötig

Die Vertretung des Königs bei Auslandsreisen oder im Fall einer schweren Erkrankung ist in Großbritannien gesetzlich geregelt und kann nur durch Zustimmung des Parlaments geändert werden. Einspringen für den Monarchen kann nur ein Team von zwei der bislang fünf Counsellors. Zu dem Kreis gehören seine Partnerin, Königsgemahlin Camilla (75), sowie die vier nächsten Royals in der Thronfolge, die älter sind als 21 Jahre. Das sind derzeit Thronfolger Prinz William (40), Prinz Harry sowie Prinz Andrew und dessen Tochter Prinzessin Beatrice (34).

Befürchtet wird nun eine Situation, in der bei der konstitutionellen Rolle des Monarchen, beispielsweise beim Inkrafttreten neuer Gesetze, ein Vakuum entsteht. Der Verfassungsrechtler Craig Prescott von der Universität Bangor in Wales sieht in dem nun von Charles angestoßenen Schritt eine «elegante Lösung» für das Problem, wie er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag sagte.

Die nächste absehbare Änderung im Kreis der Counsellors of State stünde ansonsten erst mit dem Erreichen des 21. Geburtstags von Prinz Williams neunjährigem Sohn George an. Durch die Berufung von Anne und Edward verschaffe man sich daher etwas Luft. Gleichzeitig sei sichergestellt, dass Andrew und Harry faktisch keine Rolle mehr spielten, so Prescott weiter. Ein drastischer Schritt aber wird vermieden und die Fassade nach außen gewahrt.

Für jeden Fall gewappnet

Effektiv sei der Kreis der Vertreter damit künftig auf Camilla, William, Anne und Edward beschränkt, so Prescott. Das sei selbst dann ausreichend, wenn sowohl das Königspaar als auch der Thronfolger auf Reisen seien. Anne und Edward hatten die Rolle bereits in der Vergangenheit inne, bevor sie in der Thronfolge nach unten rutschten.

Andrew, der zweitälteste Sohn der im September gestorbenen Queen Elizabeth II., gilt wegen seiner Verwicklung in den Missbrauchsskandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein als nicht mehr salonfähig. Er hatte im Februar einen millionenschweren Vergleich mit der US-Amerikanerin Virginia Giuffre geschlossen, die ihm vorgeworfen hatte, sie mehrmals als Minderjährige missbraucht zu haben. Andrew wies die Vorwürfe stets zurück. Doch er verlor im Zuge des Skandals nicht nur seine militärischen Dienstgrade, sondern auch seine öffentliche Rolle für das Königshaus. Eine Rückkehr gilt als ausgeschlossen.

Prinz Harry ist aus dem engen Kreis des Königshauses hingegen freiwillig ausgeschieden. Er lebt inzwischen mit seiner Frau Herzogin Meghan (41) und den beiden Kindern Archie (3) und Lilibet (1) im US-Bundesstaat Kalifornien. Abgesehen davon, dass er als Stellvertreter wohl allein schon deswegen meist nicht verfügbar wäre, liegt er im Clinch mit dem Rest der Königsfamilie. Mit der für Januar angekündigten Veröffentlichung seiner Memoiren dürfte sich der Konflikt weiter anheizen.

Von Christoph Meyer, dpa

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