Ein Mann arbeitet an einer Produktionslinie der Jungheinrich AG im Qingpu-Distrikt der ostchinesischen Stadt Shanghai. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ding Ting/XinHua/dpa)

Überall Lockdowns, der Konsum schwächelt, unterbrochene Lieferketten: Die chinesische Wirtschaft hat wegen der strikten Corona-Maßnahmen ein außergewöhnlich hartes Jahr hinter sich. Das raue Klima haben auch deutschen Firmen deutlich zu spüren bekommen. Die Folge: Ihr Zutrauen in den chinesischen Markt ist auf einen Tiefstand gefallen. 

Wie aus einer am veröffentlichten Umfrage der Deutschen Handelskammer in China hervorgeht, gab rund jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) an, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft seit der letzten Befragung vor einem Jahr an Attraktivität im Vergleich zu anderen Märkten verloren habe. 

Größte Herausforderung Chinas Null-Corona-Politik

Nur 51 Prozent der Firmen beabsichtigen demnach noch, ihre Investitionen in China in den nächsten zwei Jahren auszubauen, verglichen mit 71 Prozent im Vorjahr – ein Rückgang um 20 Prozentpunkte. Als größte Herausforderungen wurden Chinas Null-Corona-Politik und geopolitische Spannungen genannt.

«Dieses Jahr wurden deutsche Unternehmen von Chinas Null-Covid-Politik geplagt. Die damit einhergehenden Einschränkungen haben das Geschäftsvertrauen, die Attraktivität des Marktes und Geschäftschancen verdorben», sagte Clas Neumann, Vorsitzender der Deutschen Handelskammer in Shanghai. 

Nach fast drei Jahren hatte China vergangene Woche ein abruptes Ende seiner strikten Corona-Maßnahmen verkündet. Dies sei laut Handelskammer eine «begrüßenswerte Entwicklung», die mittel- und langfristig zur Wiederherstellung des Geschäftsvertrauens beitragen werde. Doch unmittelbar dürfte sich die wirtschaftliche Lage kaum bessern. 

Seit der auf Gesundheitsexperten planlos wirkenden Kehrtwende in der Corona-Politik schießen die Infektionszahlen nun in vielen chinesischen Städten in die Höhe. Nicht nur sind Krankenhäuser überlastet, viele Apotheken haben auch keine Medikamente gegen Erkältungen und Fieber mehr.

Viel hängt davon ab, wie sich die Corona-Welle im Land ausbreitet 

Laut Neumann werden die deutschen Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit rasch an die neuen Bedingungen anpassen, um die Infektionswelle zu bewältigen. «Danach werden sie optimistischer in das kommende Jahr blicken», so der Kammer-Vorstand. Neumann rechnete damit, dass ab dem zweiten Quartal des kommenden Jahres wieder mit höheren Wachstumsraten in China zu rechnen sei. Die Lage in den Wintermonaten sei dagegen schwer vorherzusehen. Viel hänge davon ab, wie sich die Corona-Welle im Land ausbreite. 

Die Null-Covid-Politik hatte tiefe Spuren hinterlassen: 66 Prozent der Kammer-Mitglieder nannten die Pandemie-Maßnahmen bei der diesjährigen Befragung als ihre größte Herausforderung für das operative Geschäft. Sie ist demnach auch der Hauptgrund, Investitionen zu verringern oder den Markt ganz zu verlassen. Unter den neuen Voraussetzungen könnten Unternehmen in den kommenden Monaten ihre bisherige Zurückhaltung überdenken, so Neumann. 

Der Kammer-Vorstand äußerte sich auch zuversichtlich, dass die bisher noch bestehende Hotel-Quarantäne bei Reisen nach China bald wegfallen könnte. Da es nun auch innerhalb Chinas viele Infektionen gebe, mache die Regel keinen Sinn mehr. Jedoch dürfte es zunächst noch an Flügen nach China mangeln, da die Fluggesellschaften noch Zeit brauchten, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Derzeit müssen Besucher bei der Einreise nach China zunächst für acht Tage in Quarantäne.  

Auch abseits der Pandemie gibt es weiterhin zahlreiche ungelöste Probleme für deutschen Firmen in China. So gehören laut der Kammer-Befragung etwa Rechtsunsicherheiten und unklare Cyber- und Datenschutzvorschriften zu den größten regulatorischen Herausforderungen. 

Schwierigkeiten bereiten den Unternehmen auch milliardenschwere Regierungs-Initiativen wie «Made in China 2025». China strebt nach mehr Eigenständigkeit. Mit seiner Industriepolitik verschafft die Volksrepublik lokalen Wettbewerbern oft Vorteile. Ausländische Handelskammern fordern deshalb schon lange faire Wettbewerbsbedingungen. 

Von Jörn Petring, dpa

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