Module einer Solaranlage werden eingebaut: Auch bei Auszubildenden stehen Berufe mit umwelt- und klimafreundlichen Tätigkeiten zunehmend hoch im Kurs. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marijan Murat/dpa)

Mit dem eigenen Job einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten – vor allem für junge Menschen spielt das bei Berufswahl und Karriereplanung eine zunehmende Rolle. Ablesbar ist das an der steigenden Zahl neu besetzter Ausbildungsplätze für Berufe im Bereich umwelt- und klimafreundliche Technologien, an neuen Studiengängen der Hochschulen – aber auch daran, wie Unternehmen um Fachkräfte werben.

Ob Energiesektor, Automobilbranche oder Lebensmittelkonzern – mit Themen wie Klimaneutralität, CO2-Reduktion und Nachhaltigkeit wollen die Unternehmen beim potenziellen Nachwuchs punkten, Innovationsfähigkeit und Engagement herausstellen. 

Angesichts der Herausforderung ist dieser Fokus auch dringend erforderlich, wie Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung deutlich macht. Umwelt- und Klimaschutz sei «kein Nischenthema», sondern müsse schon in der Ausbildung von Fachkräften fächerübergreifend in allen Bereichen eine zentrale Rolle spielen. 

Mehr als zwei Millionen bereits in «Green Jobs»

Das Arbeitskräftepotenzial sei riesig – schon heute arbeiteten mehr als zwei Millionen Menschen in sogenannten «Green Jobs» – und der klimafreundliche Wandel könne weitere Arbeitsplätze in ähnlicher Größenordnung hervorbringen, erwartet Kemfert. Besondere Potenziale bestünden bei erneuerbaren Energien und Energieeffizienz im Gebäudesektor, letztlich gebe es sie aber in allen Bereichen der Volkswirtschaft.

Wie sich profitables Wirtschaften ökologisch und sozial nachhaltig umsetzen lässt, können Studierende beispielsweise in einem neuen Studiengang an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) lernen. 61 Erstsemester hatten sich dafür zum Start ins Wintersemester 2023/24 eingeschrieben. Der Studiengang vereint die klassischen Inhalte der Betriebswirtschaftslehre mit Themen der Nachhaltigkeit. Dabei geht es etwa um faire Arbeitsbedingungen in Lieferketten und um ethische Fragen.

Geleitet wird der Studiengang von Julian Conrads, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensethik an der THM in Gießen. Mit der Resonanz zeigt er sich sehr zufrieden: «Das Schöne an dem Studiengang ist: Das studiert keiner aus Versehen.» Viele der «Erstis» brächten viel Vorwissen mit und hätten «Lust und das Bedürfnis was zu verändern». 

Dabei kämen sie eher nicht aus dem aktivistischen Umfeld, seien eher pragmatisch als dogmatisch und sähen auch persönliche Chancen in der wirtschaftlichen Transformation, sagt Conrads. Auch an ihre künftigen Arbeitgeber dürften die jungen Leute den Anspruch haben, dass diese aufrichtig Maßnahmen ergreifen, negative ökologische oder soziale Folgen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten zu verhindern oder sogar Lösungen dafür zu finden.

Für einen Job im Bereich erneuerbare Energien entschied sich vor einiger Zeit beispielsweise Stephan Engel. Sein Studium der Elektrotechnik an der Universität der Bundeswehr, das er noch um ein Wirtschaftsinformatik-Fernstudium ergänzte, hätte eigentlich klassischerweise in eine Karriere in der Rüstungsindustrie gemündet.

Doch Engel, dem eine nachhaltige Lebensweise wichtig ist, ging einen anderen Weg und bewarb sich am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel. Seit 2018 arbeitet er bei SMA Solar, einem Hersteller von Wechselrichtern für Photovoltaikanlagen, als Produktmanager für gewerbliche E-Mobilität. Auch privat schaue er gemeinsam mit seiner Frau darauf, den CO2-Fußabdruck möglichst kleinzuhalten – durch den Einkauf regionaler Bio-Lebensmitteln beispielsweise. Für Strom und Heizung sorgen bei ihm zu Hause eine Photovoltaikanlage und eine Wärmepumpe. 

Thema Nachhaltigkeit spielt wichtige Rolle

Auch bei Auszubildenden stehen Berufe mit umwelt- und klimafreundlichen Tätigkeiten zunehmend hoch im Kurs. So wurden 2021 rund 14 Prozent mehr Ausbildungsverträge in solchen Berufen abgeschlossen als noch im Jahr 2013, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg bekannt gegeben hatte. Dazu gehören Berufe aus den Bereichen regenerative Energien, Umweltschutztechnik, aber auch Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Dachdeckerei oder der Beruf des Schornsteinfegers. 

Im gleichen Zeitraum gab es 15 Prozent weniger Vertragsabschlüsse in Ausbildungsberufen, die den sogenannten «brown skills» zugerechnet werden, darunter Kunststoff- oder Baustoffherstellung, und auch in «neutralen Berufen» – etwa kaufmännische und technische Berufe – gab es ein Minus von zehn Prozent. Auch die Anzahl von Tätigkeiten mit Umweltschutzbezug sei ebenfalls kontinuierlich gestiegen, sagt Silke Anger, Forschungsbereichsleiterin am IAB und Professorin für Bildungsökonomik an der Universität Bamberg. 

Das sollten die Unternehmen auch bei der Fachkräftesuche im Blick haben, erklärt Benjamin Seibel, verantwortlich für den Bereich Corporate Sustainability bei Hays, einer auf Fach- und Führungskräfte spezialisierten Personalberatung. So dürften in den kommenden Jahren durch die Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD-Richtlinie) rund 15 000 zusätzliche Unternehmen verpflichtet sein, detaillierte Kennzahlen zu den Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu veröffentlichen. Geeignete Expertinnen und Experten würden in allen Bereichen gebraucht – in Unternehmensleitung sowie Forschung und Entwicklung bis hin zur Vermarktung. 

Das Thema Nachhaltigkeit gehöre schon jetzt zu den Top 3 der Entscheidungskriterien bei der Wahl des Arbeitgebers – und Unternehmen, die in Themen wie Umwelt, Soziales und Unternehmensführung investieren, hätten im Wettbewerb um die besten Talente einen Vorteil, so Seibel. Er empfiehlt Firmen, sich das nötige Know-how von außen einzukaufen oder intern aufzubauen und dabei auf Mitarbeitende zu setzen, die ein persönliches Interesse an Nachhaltigkeitsthemen mitbringen. Sie seien entsprechend motiviert und könnten intern weitere Kolleginnen und Kollegen dafür begeistern.

Von Christine Schultze, dpa

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