Die Preise für Haushaltsenergie sanken im April um 1,2 Prozent - trotz des Auslaufens der temporären Mehrwertsteuersenkung für Gas und Fernwärme. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Patrick Pleul/dpa)

Der Rückgang der Teuerungsrate in Deutschland ist im April ins Stocken geraten. Die Verbraucherpreise lagen wie schon im März um 2,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt auf vorläufiger Basis mitteilte. Das ist zwar immer noch der niedrigste Wert seit April 2021 mit damals 2,0 Prozent. Doch Volkswirte erwarten wieder steigende Raten in den nächsten Monaten.

Unter anderem die Preisplanungen vieler Unternehmen und tendenziell steigende Löhne ließen diesen Trend erwarten. «Es sieht so aus, als würde sich die Hartnäckigkeit fortsetzen, und die Gesamtinflation in Deutschland könnte im nächsten Monat wieder auf 3 Prozent ansteigen», prognostizierte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Höhere Teuerungsraten schwächen die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Erdgas und Fernwärme

Auch die Energiepreise könnten anziehen. Denn seit dem 1. April gilt für Erdgas und Fernwärme wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Um die hohen Energiepreise als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abzufedern, hatte die Politik die Mehrwertsteuer auf diese beiden Güter vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024 auf 7 Prozent gesenkt. Im April verbilligte sich Haushaltsenergie mit durchschnittlich 1,2 Prozent schon nicht mehr so stark wie im März mit minus 2,7 Prozent.

In einigen Bundesländern stiegen zum Beispiel die Preise für Fernwärme im April im Jahresvergleich deutlich, wie aus den Statistiken mehrerer Landesämter hervorgeht. Zudem mussten die Menschen beim Besuch der Gaststätte oder der Übernachtung im Hotel in vielen Bundesländern im April des laufenden Jahres tiefer in die Tasche greifen.

Für Nahrungsmittel zahlten Verbraucherinnen und Verbraucher nach Angaben des Bundesamtes in diesem April 0,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, im März waren die Lebensmittelpreise noch um 0,7 Prozent gesunken. Insgesamt erhöhten sich die Verbraucherpreise in Deutschland von März auf April 2024 um 0,5 Prozent.

Positive Entwicklung ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise

Rechnet man die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel heraus, ergibt sich für April den Berechnungen der Wiesbadener Statistiker zufolge eine Kerninflation von 3,0 Prozent nach 3,3 Prozent im März 2024 sowie 3,4 Prozent im Januar und Februar.

«Aus Verbrauchersicht bleibt die Inflation im grünen Bereich», folgerte der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater. Die extrem hohen Inflationsraten aus den vergangenen zwei Jahren seien Geschichte. «Solange es nicht wieder zu neuen geopolitischen Spannungen kommt, welche die internationalen Lieferketten bedrohen, bleibt das Inflationsumfeld entspannt.»

Die weitere Beruhigung bei der Kernrate in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland mache für die Europäische Zentralbank (EZB) den Weg für eine Zinssenkung im Juni frei, meint Kater. Die Euro-Währungshüter streben für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Angesichts der schwächelnden Konjunktur hatten sich in den vergangenen Monaten Forderungen gemehrt, die Zinsen nach der beispiellosen Serie von Erhöhungen im Kampf gegen die zeitweise extrem hohe Inflation wieder zu senken.

Weniger Inflation im Jahresschnitt erwartet

Für Deutschland erwarten führende Wirtschaftsforschungsinstitute im Jahresschnitt 2024 eine deutliche Abschwächung der Inflation auf 2,3 Prozent nach 5,9 Prozent im vergangenen Jahr. Allerdings könnte der Weg dorthin mühsamer werden als erhofft: Die aktuellen Preispläne von Unternehmen hierzulande deuten nach Einschätzung des Münchner Ifo-Instituts auf eine Pause beim Rückgang der Inflation hin. Teurer werden dürfte es für die Kundschaft vor allem in der Gastronomie, beim Kauf von Spielwaren und Drogerieartikeln.

Niedrigere Inflationsraten können die Konsumlust ankurbeln. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung machte auf Basis einer Umfrage mit 9600 Teilnehmern Indizien für eine «bevorstehende Konsumwende» aus – vor allem, «wenn im Jahresverlauf die Inflationsrate weiter sinkt und mit steigenden Nominallöhnen auch die Reallöhne nach mehreren Jahren des Rückgangs wieder steigen».

Auch die jüngsten Daten der Konsumforscher der Nürnberger GfK zeigen, dass die Aussicht auf steigende Löhne für bessere Stimmung sorgt: Die Kauflaune der Menschen hierzulande sei weiterhin schlecht, aber sie erhole sich leicht. Der Privatkonsum ist eine wichtige Stütze der Konjunktur in Deutschland, die seit Monaten nicht recht in Fahrt kommt. Wie die deutsche Wirtschaft sich im ersten Quartal 2024 geschlagen hat, dazu veröffentlicht das Statistische Bundesamt an diesem Dienstag (30.4.) erste Daten.

Von Jörn Bender, dpa

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