Tiktok weist Bedenken stets zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Damian Dovarganes/AP/dpa)

In den USA steht ein neuer Anlauf bevor, einen Eigentümerwechsel bei der Kurzvideo-App Tiktok zu erzwingen. Das Abgeordnetenhaus in Washington könnte heute über ein Gesetz abstimmen, das zur Verbannung von Tiktok aus amerikanischen App-Stores führen könnte, wenn der Dienst im Besitz des Konzerns Bytedance bleibt. Dieser wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich entsprechend dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse.

Bytedance ist aber laut einem Medienbericht entschlossen, erst alle rechtlichen Mittel gegen ein drohendes Verbot in den USA auszuschöpfen, bevor über einen Verkauf nachgedacht wird. Eine Trennung von Tiktok werde als letzte Option gesehen, schrieb der Finanzdienst Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen.

Der Entwurf müsste nach dem Abgeordnetenhaus noch vom Senat als zweiter Kammer angenommen und von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden.

«Wollen wir, dass Daten in Amerika bleiben oder nach China gehen?»

Biden machte bereits deutlich, dass er den Plan unterstützt. Sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan betonte, es gehe nicht um ein «Tiktok-Verbot», sondern um einen Eigentümerwechsel. «Wollen wir, dass Tiktok als Plattform im Besitz eines amerikanischen Unternehmens ist – oder China gehört?», fragte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. «Wollen wir, dass Daten aus Tiktok – Daten von Kindern und Erwachsenen – hier in Amerika bleiben oder nach China gehen?» Das seien grundsätzliche Fragen, bei denen Biden eine klare Position habe.

In den USA besteht – wie auch in Europa – die Sorge, die App könne zum Sammeln von Informationen über Nutzer durch chinesische Behörden oder für politische Einflussnahme missbraucht werden. Regierungen mehrerer Länder sowie die EU-Kommission untersagten die Nutzung von Tiktok auf Diensthandys.

Tiktok weist Bedenken stets zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. Bytedance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe.

Trumps Tiktok-Wende: Verbot würde Facebook helfen

Tiktok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA. Schon Donald Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von Tiktok an amerikanische Investoren durchzusetzen.

Doch das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte in den Plänen für ein Tiktok-Verbot einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit vermuteten. Auch ein aktuelles Gesetz im Bundesstaat Montana, das Tiktok dort aus den App-Stores verbannen sollte, liegt deswegen auf Eis.

Trump ist inzwischen von den Verbotsforderungen abgerückt. Tiktok sei ein wichtiges Gegengewicht zu Facebook, das er als einen «Feind des Volkes» betrachte, sagte Trump jüngst im Wirtschaftssender CNBC. Die Position des Ex-Präsidenten wirft angesichts seiner Kontrolle über die Republikaner auch die Frage auf, ob das Gesetz vom Abgeordnetenhaus angenommen wird, in dem sie eine knappe Mehrheit haben.

Misstrauen gegen Tiktok-Chef

Bevor sich Biden klar positionierte, waren die Demokraten im Bezug auf Tiktok stark gespalten: Denn zum einen will der Präsident eine harte Position gegenüber China einnehmen, zum anderen ist die App bei jungen Nutzern populär, deren Stimmen er für eine Wiederwahl im November braucht.

Das «Wall Street Journal» schrieb, das Management von Tiktok sei von dem Gesetzentwurf kalt erwischt worden. Der Dienst versucht seit Jahren, in den USA Vertrauen zu gewinnen mit dem Plan, Informationen amerikanischer Nutzer ausschließlich im Land zu lagern und Datenbewegungen von einem US-Partner überwachen zu lassen. Doch bei Anhörungen im US-Kongress schlug Tiktok-Chef Shou Chew unverändert heftiges Misstrauen entgegen.

Von