Für die deutsche Wirtschaft erwarten Volkswirte keinen kräftigen Aufschwung im Gesamtjahr. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Nach einem leichten Wirtschaftswachstum zu Jahresbeginn scheint ein Ende der Konjunkturflaute in Deutschland in Sicht. «Nachdem das BIP zum Jahresende 2023 zurückgegangen war, startete die deutsche Wirtschaft mit einem positiven Vorzeichen ins Jahr 2024», erläuterte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand, am Freitag. Große Sprünge trauen Volkswirte Deutschland im laufenden Jahr allerdings nicht zu. Sie verweisen unter anderem auf strukturelle Probleme wie den Fachkräftemangel.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im ersten Quartal nach Angaben der Statistiker gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent. Die Behörde bestätigte vorläufige Angaben. Deutschland lag damit leicht unter dem EU-Durchschnitt von 0,3 Prozent. Deutlich besser lief es in Spanien mit einem Plus von 0,7 Prozent. In Frankreich (0,2 Prozent) und in Italien (0,3 Prozent) wuchs die Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorquartal in ähnlichem Maß wie in Deutschland.

Bauinvestitionen und Export stützen im ersten Quartal

Getragen wurde das Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft zu Jahresbeginn von den – dank milder Witterung – gestiegenen Bauinvestitionen (plus 2,7 Prozent) und einem Anziehen der Exporte. Die privaten Konsumausgaben als wichtige Konjunkturstütze sanken hingegen trotz der nachlassenden Inflation preis-, saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. Verbraucherinnen und Verbraucher setzten den Angaben zufolge unter anderem bei Nahrungsmitteln und Bekleidung den Rotstift an.

Die Hoffnungen für die kommenden Monate ruhen dennoch auf dem Privatkonsum angesichts gestiegener Löhne und der abgeschwächten Inflation. Niedrigere Inflationsraten können die Konsumlust ankurbeln. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung machte auf Basis einer Umfrage mit 9600 Teilnehmern jüngst Indizien für eine «bevorstehende Konsumwende» aus.

Strukturelle Schwächen bremsen Tempo der Erholung

Die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich in jedem Quartal wachsen wird, «und dies durch die zunehmende Breite des Konjunkturaufschwungs ab Jahresmitte mit steigendem Tempo.»

Einen kräftigen Aufschwung erwarten Volkswirte im Gesamtjahr allerdings nicht. «Die bekannten strukturellen Schwächen Deutschlands werden nicht über Nacht verschwinden und das Tempo einer Erholung bremsen», sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Wirtschaftsverbände verweisen auf hohe Energie- und Personalkosten, Fachkräftemangel und eine überbordende Bürokratie. Dazu komme eine im internationalen Vergleich hohe Steuerlast.

Leichtes Wachstum nach Rezession 2023 erwartet

Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft werde im laufenden Jahr von einer schwachen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage geprägt, erwarteten die «Wirtschaftsweisen» zuletzt. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung rechnet lediglich mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent im Gesamtjahr. Die Bundesregierung ist mit einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent etwas zuversichtlicher.

Im vergangenen Jahr war Deutschland mit einem Minus von preisbereinigt 0,2 Prozent in eine leichte Rezession gerutscht. Europas größte Volkswirtschaft bekam die Abkühlung der Weltkonjunktur ebenso zu spüren wie die zeitweise hohen Energiepreise und die rasant gestiegenen Zinsen.

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