Ab Mittwoch sinken die Steuern auf Kraftstoffe kräftig. Doch so mancher Autofahrer könnte am Morgen von den Spritpreisen enttäuscht werden. Was zu erwarten ist.
Die Steuerentlastung
Die Steuerbelastung auf Kraftstoffe sinkt ab Mittwoch bis Ende August um 35,2 Cent pro Liter bei Superbenzin und um 16,7 Cent pro Liter bei Diesel. Beide Werte sind inklusive Mehrwertsteuer und aus europarechtlichen Gründen das auf diesem Wege maximal mögliche. Die Steuersenkung gilt für drei Monate und soll die Autofahrer angesichts der extrem hohen Spritpreise entlasten.
Die Entstehung des Preises an der Zapfsäule
Wie viel der Sprit an der Tankstelle kostet, bestimmen Tankstellenbetreiber und Mineralölkonzerne. Sie sind nicht zur Weitergabe der Steuersenkung verpflichtet.
Niemand weiß genau, was in der Mitte der Nacht zum Mittwoch passiert. Eine flächendeckende vollständige Preissenkung ist allerdings unwahrscheinlich. Die Steuersenkung gilt nämlich für den Kauf des Sprits bei Raffinerie und Tanklagern. Selbst was am Dienstagabend geliefert wurde, beinhaltet also noch die normale – höhere – Steuer. Das stellt Tankstellen und Mineralölgesellschaften vor ein Dilemma, denn viele Kunden erwarten sofort sinkende Preise. Im Ergebnis könnte es zu einem verzögerten Sinken des Preises kommen. Auch das Finanzministerium hatte am Montag noch einmal darauf hingewiesen, dass Tanken möglicherweise erst nach und nach billiger werden wird.
Der Ansturm
Ein Teil der Autofahrer hat den Tank weitgehend leergefahren, um maximal von der Steuersenkung profitieren zu können. Ob das am Mittwoch zu einem Ansturm auf die Tankstellen oder nur zu erhöhter Nachfrage führen wird, ist kaum vorhersehbar. «Wir erwarten Anfang Juni eine höhere Nachfrage, aber keinen „Run“ auf die Tankstellen», heißt es beispielsweise von Aral. Bei Shell sieht man eine «erwartbar höhere Nachfrage».
Gegen einen «Run» spricht auch die Nachfrage nach Treibstoff in den vergangenen Tagen. Sowohl Aral als auch der Wirtschaftsverband Fuels und Energie (en2x) berichten von einer relativ normalen Entwicklung. Hätte ein Großteil der Autofahrer den Tank bis zur Reserve geleert, hätte sich das eigentlich in sinkender Nachfrage niederschlagen müssen.
Dagegen sagt der für die Tankstellen zuständige Vizepräsident des Verbands des Kraftfahrzeuggewerbes in Bayern, Günter Friedl: «Es ist zu erkennen, dass viele Autofahrer momentan weniger tanken.» Das zeige, dass viele auf die Steuersenkung warteten, um wieder richtig voll zu tanken. Friedl erwartet daher Leerstände an Tankstellen: «Die Kapazitäten werden nicht ausreichen, dass zum 1. Juni genug preiswerter Sprit da ist.»
Die Vorräte der Tankstellen
Dass Tankstellen erst ab Mittwoch steuervergünstigten Sprit kaufen können, macht es für sie unattraktiv ihre Lager vorab noch einmal zu füllen. Daher gibt es Befürchtungen, dass es zu Versorgungsengpässen kommen könnte. Auch Mineralölgesellschaften schließen dies nicht aus.
Dazu trägt bei, dass die Logistikkapazitäten für die Belieferung der Tankstellen bereits jetzt angespannt sind, wie es beispielsweise von Shell heißt. Allerdings versichert das Unternehmen: «Wir sind unsererseits bemüht, die Versorgung aller Tankstellen bestmöglich zu gewährleisten. Wir haben die Spediteure frühzeitig darauf hingewiesen, dass wir im Zuge der Steuersenkung die maximal verfügbare Fahrerzahl im Rahmen unserer Verträge anfordern werden.» Bei Aral heißt es, man habe sich «vorbereitet und die Logistikketten sind robust aufgestellt».
Die Preise im Vorfeld der Steuersenkung
Seit einigen Wochen steigt der Preis für Superbenzin wieder. Zuletzt hat auch der Dieselpreis zugelegt. Der ADAC kritisiert beide als zu hoch. Allerdings steht Deutschland mit der Preisentwicklung im europäischen Vergleich nicht alleine da. In den meisten EU-Ländern hat sich Superbenzin der Sorte E5 in den letzten Wochen sogar etwas stärker verteuert als in Deutschland. Allerdings erklärte am Dienstag auch das Bundeskartellamt: «Wir sehen seit Monaten eine Entkopplung von Rohölpreis und Raffinerie- beziehungsweise Tankstellenpreisen.»
Super E10 kostete im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Montags 2,133 Euro pro Liter. Diesel schlug mit 2,029 Euro zu Buche. Bei einer vollständigen Weitergabe der Steuersenkung – und ohne weitere Preisschwankungen – ergäbe sich also ein Spritpreis von rund 1,86 Euro für Diesel und von rund 1,78 bei E10. Ob diese Werte erreicht werden, ist aus den genannten Gründen offen. Sowohl das Bundeskartellamt als auch der ADAC haben aber bereits angekündigt, die Entwicklung genau zu beobachten. Das Bundeskartellamt betonte aber auch, dass es hohe Preise nicht einfach verbieten könne.
Die politische Einschätzung
Es gibt alles von Lob bis zur Fundamentalkritik: Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb beispielsweise am Montag auf Twitter: «Wir lassen die Menschen nicht allein, die auf das Auto angewiesen sind.» Greenpeace kritisierte dagegen: «Ausgerechnet die Partei, die Klimaschutz stets marktwirtschaftlich gestalten will, verfällt beim ersten Preissignal in Panik und greift mit dem milliardenschweren Tankrabatt in den Markt ein.»
Das Kartellamt passt auf
Das Bundeskartellamt will sich die Entwicklung der Spritpreise rund um die Energiesteuersenkung sehr genau ansehen. Man habe das Monitoring «noch einmal intensiviert», sagte Präsident Andreas Mundt am Dienstag. «Auch wenn es keine rechtliche Verpflichtung gibt, die Steuersenkung eins zu eins weiterzugeben, handeln die Mineralölkonzerne hier unter dem „Brennglas“ des Bundeskartellamtes.»
Allerdings betonte Mundt auch: «Als Wettbewerbsbehörde können wir hohe, auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten.» Sie könnten auch im Wettbewerb entstehen. Für kartellrechtswidriges Verhalten, das mit hohen Bußgeldern geahndet werden könne, gebe es bisher keine Hinweise.