Nach einem Votum der Gemeindevertreter von Grünheide für den Ausbau der Tesla-Fabrik wollen die Gegner der Pläne ihren Protest ausweiten und juristische Mittel prüfen. Es liefen bereits Gespräche mit mehreren Naturschutzverbänden, sagte Steffen Schorcht, Sprecher der Bürgerinitiative Grünheide. Mit diesen wolle man eine mögliche Klage ausloten. Mit der Zusammenarbeit baue die Initiative auf die Fachkompetenz der Verbände im Arten- und Gewässerschutz.
Die Gemeindevertreter Grünheides hatten am Donnerstag mehrheitlich den umstrittenen Bebauungsplan und einen städtebaulichen Vertrag mit dem US-Elektroautobauer beschlossen. Der Autobauer will sein Gelände um einen Güterbahnhof und Logistikflächen vergrößern. Die Umweltaktivisten sehen bei den Plänen erhebliche Umweltrisiken, unter anderem weil das Gelände in einem Wasserschutzgebiet liegt. Sie wenden sich zudem gegen die bevorstehende Abholzung von Wald.
Weitere Initiativen, die sich gegen Tesla positionieren, kündigten an, ihren Protest fortsetzen und sogar intensivieren zu wollen. Man wolle jetzt beraten, wie man weiter agieren werde, sagte eine Sprecherin der Bündnisinitiative «Tesla den Hahn abdrehen». Eins sei aber gewiss: Es werde weiteren Protest geben. Immer mehr Menschen lernten die Problematik in Grünheide kennen. Sie vermute, dass daher der Protest wachse und die Empörung nach der Entscheidung zunehme, so die Sprecherin.
Proteste «vielleicht über den Sommer hinweg»
Die Gruppe von Waldbesetzern an der Tesla-Fabrik in Grünheide hatte bereits angekündigt, im Falle einer Entscheidung der Gemeindevertreter für den Ausbau das Protestcamp fortzusetzen. «Wir bleiben vielleicht über den Sommer hinweg», sagte eine Sprecherin der Initiative «Tesla stoppen». Eine Verlängerung der Versammlung über den 20. Mai hinaus sei schon beantragt worden.
Das Aktionsbündnis «Disrupt Tesla» deutete ebenfalls weitere Aktionen gegen Tesla an. Für konkrete Pläne wolle man sich zunächst sortieren. «Disrupt Tesla» hatte in der vergangenen Woche mehrere Protestaktionen in Brandenburg umgesetzt. Sie stürmten unter anderem den Flugplatz Neuhardenberg. Auf diesem werden Tesla-Neuwagen zwischengelagert. Nach Medienberichten beschmierten die Aktivisten dort einige Autos mit Farbe.
Der Streit um die Erweiterung wird seit Langem teilweise heftig geführt. Bisher unbekannte Täter hatten im März Feuer an einem Strommast auf einem frei zugänglichen Feld gelegt, der Teil der Stromversorgung des Tesla-Werks in Grünheide in Brandenburg ist. Wegen eines Stromausfalls lag die Autoproduktion fast eine Woche lang auf Eis. Vergangene Woche hatten Aktivisten versucht, das Tesla-Gelände zu stürmen. Die Polizei konnte dies verhindern. An diesem Protestwochenende wurden laut Polizei 76 Strafanzeigen aufgenommen und 23 Demonstranten vorübergehend in Gewahrsam genommen.
Die Lage dürfte für das Unternehmen von Elon Musk aber nicht nur wegen der Proteste angespannt bleiben. Der weltweit geplante Stellenabbau angesichts der Flaute am Markt für Elektroautos betrifft auch Grünheide. Hunderte Arbeitsplätze sollen in dem einzigen europäischen Tesla-Werk wegfallen.
Umweltschützer warnen
Unter Polizeischutz beschlossen die Gemeindevertreter von Grünheide einen Bebauungsplan, der den Weg für eine Tesla-Erweiterung frei macht. Der Autobauer will sein Gelände um einen Güterbahnhof und Logistikflächen vergrößern.
Das Klima während der Gemeinderats-Sitzung war aufgeheizt. Umweltschützer sehen unter anderem Gefahren fürs Trinkwasser und stemmen sich gegen die Abholzung von Wald. Die Fabrik liegt teils in einem Wasserschutzgebiet.
Das Unternehmen äußerte sich erfreut über die Zustimmung der Gemeindevertretung und teilte mit: «Der nun beschlossene Bebauungsplan geht in zentralen Punkten auf die Bedenken aus der Gemeinde ein.» Mit der geänderten Planung würden mehr als 70 Hektar Wald erhalten. «Dafür musste Tesla auf Projekte verzichten, die ursprünglich im Rahmen der Erweiterung geplant waren.» Gemeint sind ehemals geplante soziale Einrichtungen wie etwa eine Kita sowie weitere Lagerflächen, die jetzt wegfallen.
Der US-Autobauer stellt in der 9200-Einwohner großen Gemeinde südöstlich von Berlin seit rund zwei Jahren Elektroautos her. Etwa 12.000 Beschäftigte arbeiten in der Fabrik.
Wirtschaftsminister: Starkes Signal für die Entwicklung
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte zur Entscheidung der Gemeindevertretung: «Für mich ist das ein starkes Signal für die künftige Entwicklung Grünheides und Teslas.» Die Gemeindevertreter hätten angesichts der Demonstrationen und teils gewalttätigen Proteste unter hohem Druck gestanden und sich ihr Votum gewiss nicht einfach gemacht. «Ich bin überzeugt, dass ihre Entscheidung im Sinne ihrer Kommune ist», so Steinbach.
Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) zeigte sich zufrieden und sagte, der Entschluss sei wichtig, weil «sämtliche Infrastrukturmaßnahmen, sprich: Bahnhofsvorplatz, Landstraße, Eisenbahnüberquerung und Anschluss an die Autobahn» damit gewährleistet seien. Einige dieser begleitenden Infrastrukturprojekte der Gemeinde müssen laut Christiani bis spätestens Ende 2026 umgesetzt sein. Der Bebauungsplan für die Fabrik gehe nun in die Genehmigungsphase des Landkreises und dann «ist das Baurecht da», führte er aus.
Einer möglichen Klage der Erweiterungsgegner blickt der Bürgermeister gelassen entgegen: «Bis jetzt haben in sämtlichen Verfahren in dem Zusammenhang die Gerichte ziemlich schnell gehandelt.»