Die ostfriesische Insel Borkum: Durch die Bohrungen werden Umweltfolgen befürchtet. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sina Schuldt/dpa)

Mehrere Nordseeinseln und ein Bündnis um die Deutsche Umwelthilfe klagen gegen die Pläne für die umstrittene Erdgasförderung in der Nordsee. Am Freitag teilten sie mit, dass sie entsprechende Klagen gegen das Vorhaben nahe der Insel Borkum bei der Verwaltungskammer eines Gerichts in Den Haag in den Niederlanden eingereicht haben.

Das Gericht selbst machte am Freitag zunächst keine Angaben zu den Klagen. Inseln und Umweltverbände fürchten durch die Bohrungen unter anderem Umweltfolgen für die Ostfriesischen Inseln, die Nordsee und den nahe gelegenen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Die Stimmungslage auf Borkum sei mehrheitlich gegen das Vorhaben des niederländischen Unternehmens One-Dyas, sagte Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos). Angesichts der aktuell angespannten Versorgungslage mit Erdgas sei eine Klage genau abgewogen worden. Eine Mehrheit im Verwaltungsausschuss der Stadt habe sich aber für die Klage ausgesprochen. Die Sorgen vor unkalkulierbaren Gefahren für die Umwelt und die Inseln überwiege die voraussichtlich lange Zeitspanne der Gasförderung. «Wir fragen uns, warum dort solche Umweltrisiken für die nächsten 20 bis 30 Jahre zementiert werden», sagte Akkermann.

Erdbeben und Absenkungen befürchtet

Neben möglichen Folgen für die Natur und Meereslebewesen fürchten die Insulaner, dass es infolge der Bohrungen ähnlich wie auf dem niederländischen Festland zu Erdbeben und Bodenabsenkungen kommen könnte. Die Sorge: Im Zusammenhang mit dem Meeresspiegelanstieg könnte es so zu Schäden an Gebäuden und Küstenschutzbauwerken kommen. «Dies bedroht auch den so essenziellen Tourismus auf den Inseln, sowie deren Autarkie der Trinkwasserversorgung», teilte die Stadt mit. Borkum klagt gemeinsam mit der Nachbarinsel Juist. Beide werden den Angaben zufolge zudem auch von der Insel Norderney unterstützt.

Umweltverbände kritisieren wie auch die Inseln zudem, dass das Vorhaben die Abhängigkeit von fossilem Gas verlängern werde. «Mit Energiesicherheit haben die Pläne nicht das Geringste zu tun: Frühestens ab 2024 soll eine geringe Menge an fossilem Gas gefördert werden», sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner. «Dagegen entsteht mit dem Bau einer neuen Plattform in der Nordsee eine neue Infrastruktur, die unsere langfristige Abhängigkeit von fossiler Energie noch vergrößern wird.»

Die Deutsche Umwelthilfe teilte ebenfalls am Freitag mit, zusammen mit der niederländischen Umweltorganisation Mobilisation for the Environment (MOB) und der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland gegen die Erdgasförderung zu klagen. An diesem Freitag endete die Frist für Klagen.

Große Pläne von One-Dyas

One-Dyas und seine Partner planen, eine Plattform auf See zu errichten und Erdgas aus einem Feld zwischen den Inseln Schiermonnikoog (Niederlande) und Borkum zu fördern. Die Plattform soll im niederländischen Küstenmeer liegen, aber nur etwa 500 Meter von den deutschen Hoheitsgewässern entfernt und ungefähr 20 Kilometer vor der Küste Borkums. Das Gasfeld soll ein förderbares Gesamtvolumen von bis zu 13 Milliarden Kubikmeter Erdgas haben. Zusammen mit weiteren umliegenden Gebieten werden insgesamt bis zu 60 Milliarden Kubikmeter vermutet – rund die Hälfte auf deutschem Hoheitsgebiet.

Auf niederländischer Seite hatten die Behörden Anfang Juni grünes Licht für die Förderung gegeben. Nach Angaben des zuständigen Wirtschaftsministerium in Den Haag wurden die möglichen Effekte auf die Umwelt untersucht. Die vorgelegten Pläne erfüllten alle Vorbedingungen. Dennoch seien die Auflagen wegen der Bedenken von Umweltschützern verschärft worden, hieß es damals.

Eine Genehmigung für die Förderung auf niedersächsischer Seite, die laut One-Dyas frühestens Ende 2024 beginnen kann, steht noch aus. Dazu läuft zurzeit ein Planfeststellungsverfahren. Niedersachsens Landesregierung hatte unter dem Eindruck der Energiekrise durch den Ukraine-Krieg kürzlich einen ursprünglichen Beschluss gegen die Produktion rückgängig gemacht.

Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hatte erst vergangene Woche eine Erklärung mit One-Dyas über die Erdgasförderung unterzeichnet. Der stellvertretende Ministerpräsident hatte gesagt, das Projekt solle helfen, die Energieversorgung abzusichern.

«Das wenige Gas aus dem Watt hilft uns nicht in den zwei anstehenden Wintern, aber verfestigt dauerhaft eine Förderstruktur für alte fossile Energien», entgegnete dagegen der Fraktionsvize der Grünen im niedersächsischen Landtag, Christian Meyer, am Freitag in einer Mitteilung. «Dabei setzen wir doch auch gerade in der Nordsee auf den massiven Ausbau von klimaneutraler Offshore-Windenergie.» Die Grünen hatten sich von Beginn an gegen die Erdgasförderung ausgesprochen und unterstützen die Klagen der Umweltverbände und Inseln.

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