Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank Federal Reserve, spricht während einer Pressekonferenz. Zur Bekämpfung der hohen Inflationsrate erhöht die US-Notenbank ihren Leitzins stark um 0,5 Prozentpunkte. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Alex Brandon/AP/dpa)

Zur Bekämpfung der hohen Inflationsrate erhöht die US-Notenbank ihren Leitzins deutlich um 0,5 Prozentpunkte und signalisiert eine «rasche» weitere Straffung ihrer Geldpolitik.

«Die Inflation ist viel zu hoch», sagte Zentralbankchef Jerome Powell am Mittwoch vor Journalisten. «Wir handeln rasch, um sie wieder zu senken», versprach Powell. Auch bei den nächsten Sitzungen des Zentralbankrats der Federal Reserve (Fed) dürften daher wieder Erhöhungen um 0,5 Prozentpunkte anstehen, sagte er. Die Inflationsrate in der weltgrößten Volkswirtschaft ist derzeit so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Infolge der am Mittwoch angekündigten Erhöhung liegt der Leitzins nun in der Spanne von 0,75 bis 1 Prozent. Es war die zweite Erhöhung des Leitzinses seit Beginn der Corona-Pandemie – und der erste Anstieg um 0,5 Prozentpunkte seit 22 Jahren. Für gewöhnlich zieht es die Fed vor, den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten anzuheben. Die jüngste Entscheidung des Zentralbankrats war von den Märkten allerdings weitgehend erwartet worden.

Folgen auch durch russischen Angriffskrieg

Die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, etwa mit Blick auf steigende Energie- und Lebensmittelpreise, verstärkten den Inflationsdruck und dürften die Konjunktur belasten, erklärte Powell. Auch die Corona-Lockdowns in China dürften für neue Unterbrechungen der globalen Lieferketten sorgen, was sich auf Inflation und Wachstum auswirken könnte. Der Zentralbankrat sei daher sehr auf die Inflationsrisiken fokussiert, betonte Powell.

Die Fed steht wegen der hohen Teuerungsrate derzeit unter großem Druck. Die anhaltend hohe Inflation schmälert die Kaufkraft der Verbraucher. Im März etwa waren die Preise gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,5 Prozent gestiegen.

Analysten rechnen in diesem Jahr daher mit weiteren Zinsschritten. Bis Jahresende könnte der Leitzins Beobachtern zufolge bei oder knapp über 2 Prozent liegen. Auch will die Fed ihre infolge der Corona-Notprogramme auf rund neun Billionen US-Dollar angeschwollene Bilanz nun rasch abbauen. Ab Juni sollen pro Monat jeweils auslaufende Anlagen im Wert von insgesamt 47,5 Milliarden US-Dollar (45 Mrd Euro) nicht erneuert werden, wie die Zentralbank ankündigte. Bis September soll die monatliche Summe demnach auf 95 Milliarden Dollar ansteigen. Das wird den Märkten weitere Liquidität entziehen.

Angebot und Nachfrage sollen sich wieder anpassen

Powell erklärte, das Ziel sei es, die Werkzeuge der Zentralbank so einzusetzen, dass sich Angebot und Nachfrage wieder anpassten und die Inflation zurückgehe. Die Konjunktur solle sich in einer Weise abkühlen, die nicht zu einer Rezession führen werde, sagte er. «Ich gehe davon aus, dass das eine große Herausforderung wird», sagte Powell. «Es wird nicht einfach.» Derzeit gebe es auf dem Arbeitsmarkt aber eine so hohe Zahl von Vakanzen, dass auch eine leichte Abkühlung der Konjunktur die Arbeitslosigkeit kaum erhöhen dürfte, sagte Powell.

Erhöhungen des Leitzinses verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Für die Notenbank ist es daher ein gefährlicher Balanceakt: Sie will die Zinsen so stark anheben, dass die Inflation ausgebremst wird – ohne dabei gleichzeitig Konjunktur und Arbeitsmarkt abzuwürgen.

Die Fed ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet. Inzwischen brummt die US-Wirtschaft wieder, die Arbeitslosenquote war zuletzt auf niedrige 3,6 Prozent gefallen. Viele Arbeitgeber klagen bereits, dass sie für ihre Vakanzen nicht genügend Kandidaten finden können.

Nächste Sitzung kommenden Monat

Der Zentralbankrat tagt etwa alle sechs Wochen, um über den Kurs der Geldpolitik zu entscheiden. Die nächste Sitzung wird am 15. Juni enden. Kritiker werfen der mächtigsten Zentralbank vor, zu spät auf den Anstieg der Preise reagiert zu haben. Ihrer Meinung nach hätte die Notenbank bereits in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres ihre Programme zur Unterstützung der Konjunktur aus der Corona-Krise einstellen und die Zinsen erhöhen sollen. Die Fed hatte die Inflation 2021 größtenteils noch als «vorübergehendes» Phänomen beschrieben.

Eine Herausforderung für die Zentralbank ist es dabei, dass sie manche Ursachen der Preissteigerungen nur begrenzt beeinflussen kann. Die Unterbrechungen globaler Lieferketten und steigende Energiepreise reagieren nicht direkt auf den US-Leitzins. Die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine oder neuer Corona-Lockdowns in China für die Teuerungsrate in den USA kann die Fed kaum kontrollieren.

Erhöhung so hoch wie lange nicht

Angesichts der hohen Teuerungsrate hatte die Fed im März den milliardenschweren Ankauf von Wertpapieren eingestellt und ihren Leitzins erstmals seit der Corona-Krise um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Eine Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte hatte es zuletzt vor 22 Jahren gegeben. Im Mai 2000 war der Zinssatz auf 6,5 Prozent gestiegen – kurz vor dem Platzen der Internet-Blase, deren Folgen ab 2001 zu einer Reihe von Absenkungen des Leitzinses führten.

Auch Europas Währungshüter stehen bei ihrer Geldpolitik angesichts der hohen Teuerungsrate vor einem Kurswechsel. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bereits beschlossen, ihre milliardenschweren Anleihenkäufe schneller auslaufen zu lassen. Zudem schlossen mehrere Mitglieder des EZB-Rats zuletzt eine erste Zinserhöhung im Juli nicht mehr aus. An den Finanzmärkten wird erwartet, dass die EZB den Einlagensatz, zu dem Banken Geld bei ihr parken können, in diesem Jahr von minus 0,5 Prozent auf null Prozent anheben könnte. Der Leitzins im Euroraum, der seit mehr als sechs Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent liegt, könnte dann 2023 angehoben werden.

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