Siegte bei seinem Heimspiel in Zandvoort: Max Verstappen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hasan Bratic/dpa)

Im Oranje-Jubelmeer von Zandvoort hat Kronprinz Max Verstappen mit dem ersehnten Heimsieg die Formel-1-Spitze zurückerobert.

Der niederländische Red-Bull-Star raste am Sonntag vor Titelrivale Lewis Hamilton zu seinem siebten Saisonerfolg und trieb die Zehntausenden auf dem Dünenkurs in die Ekstase. Alle taktischen Attacken von Mercedes und selbst ein Blockade-Versuch von Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas konnten Verstappen vor den Augen auch des niederländischen Königspaares nicht bremsen. «Schöne 72 Runden hier», funkte der Verstappen vor Freude lachend an die Box. «Das war episch», lobte Teamchef Christian Horner.

Mercedes-Duo auf den Plätzen

Der 23-jährige Verstappen verwies beim Großen Preis der Niederlande den weiterhin 99-maligen Grand-Prix-Sieger Hamilton und Bottas auf die Plätze zwei und drei. Nach der Rennfarce im verregneten Spa vor einer Woche verwöhnte der in Belgien geborene Verstappen mit einer tadellosen Fahrt seine Fans und liegt vor dem Klassiker in Italien am kommenden Sonntag im Klassement nun wieder vor Hamilton.

Die knallorange Party an der Nordsee war für die Formel 1 eine spektakuläre Rückkehr in die Zeit vor Corona, für das deutsche Fahrer-Duo aber kein glanzvolles Wochenende. Der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel verpasste im Aston Martin als 13. die Punkte, Mick Schumacher wurde im Haas Letzter.

75.000 Fans toben

Dafür hatten die Zuschauerinnen und Zuschauer aber eh keine Augen. Dicht an dicht und meist ohne Maske tobten 75.000 Fans auf den Tribünen, schon lange vor dem Start zogen Rauschwaden in Oranje über die Steilkurven. 36 Jahre nach dem bislang letzten Gastspiel in Zandvoort, als Niki Lauda der letzte Sieg seiner Karriere gelungen war, erlebte die Verstappen-Euphorie ihren vorläufigen Siedepunkt.

Mit der nervenstarken Fahrt auf die Pole Position hatte er die Fans schon in der Qualifikation zum Überkochen gebracht und die Hoffnungen auf den ersten Sieg eines Niederländers in der Heimat geschürt. Vor dem Rennbeginn zeigte er König Willem-Alexander und Königin Maxima noch fix seinen Red Bull. Als die Roten Ampeln ausgingen, zog er mit seinem Wagen sofort davon und bog als klar Führender in die erste Kurve ein. Dahinter Hamilton, der bei dem Rechtsknick beim Herausbeschleunigen noch weitere Meter auf Verstappen verlor.

1,7 Sekunden lag Verstappen nach der ersten Runde vor Hamilton. Damit war der Brite schon außerhalb des Überholfensters von maximal einer Sekunde. Und Verstappen flog weiter über den holländischen Kurs. Die 1000. Führungsrunde in der Karriere des 2015 mit gerade mal 17 Jahren in die Formel 1 eingestiegenen Niederländers war nach neun Umläufen nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zum großen Ziel WM-Triumph. Hamilton kam einfach nicht ran, während weiter hinten im Feld schon wieder das deutsch-russische Haas-Duo weniger für Furore als vielmehr für Unverständnis sorgte.

Schumacher früh überrundet

Nachdem es am Samstag zum Zoff zwischen Mick Schumacher und Nikita Masepin gekommen war, fuhr der Russe dem Sohn von Rekordweltmeister bei einem hochgefährlichen Manöver nahe der Boxenmauer den Frontflügel kaputt. Mick Schumacher musste in die Box und wurde nach nur neun Runden von Verstappen überrundet.

Hamilton zog den einzigen Trumpf, den er zunächst zu haben schien: Vor Verstappen an die Box. Allerdings brauchte seine Crew fast eine Sekunde länger als die von Verstappen, der eine Runde später zum Reifenwechsel reinkam. Immerhin konnte Hamilton aber den Rückstand von gut über drei Sekunden zunächst auf unter zwei verkürzen.

Also sollte nun Bottas den Verstappen-Blockierer machen. Mercedes hatte den Finnen, der noch immer keinen neuen Vertrag für die nächste Saison hat, mit den abgenutzten Reifen auf der Strecke gelassen. Bottas versuchte auch alles, ausgangs der Steilkurve musste er Verstappen aber passieren lassen – die Fans sprangen aus ihren Sitzen und feierten das Manöver ihres Lokalhelden.

Auch Hamilton raste an Bottas vorbei, büßte aber umgehend schon wieder Zeit auf den Führenden im Red Bull ein. «Er hatte Glück mit dem Verkehr», funkte der 36-Jährige, der es dann wieder mit einem Boxenstopp vor Verstappen versuchte. Brachte wieder nichts, Red Bull und Verstappen verteidigten Führung und Vorsprung. Der Funkverkehr zwischen Hamilton und dem Mercedes-Kommandostand hatte Hochkonjunktur. Zumal dann auch noch Bottas die schnellste Runde mit frischen Reifen drehte – trotz gegenteiliger Teamorder, und so Hamilton noch mal zur Bestleistung auf einer Runde trieb, während Verstappen die letzten Kilometer im Jubelmeer an den Nordsee-Dünen genoss.

Von Christian Hollmann und Jens Marx, dpa

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