Jung-Kundenberaterin Justine Gleim (r) und ihr Kollege Raul Gonzalez sitzen in der Maxxs-Filiale in Bad Hersfeld in einer Beratungsnische. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Zucchi/dpa)

Skateboards als Raumteiler, eine Popcornmaschine zum Naschen, an der Decke stylishe Lampen. Wie eine Sparkassen-Filiale sieht «Maxxs.Corner» nicht aus. «Man denkt von außen gar nicht, dass hier drin Bankgeschäfte gemacht werden», sagt Neukunde Michael. Der 26-Jährige ist für eine Beratung in die Filiale der Sparkasse Bad Hersfeld gekommen.

«Alles andere als boring», verspricht «Maxxs» auf der Homepage. «Bei uns gibt es Bankzeug auf Augenhöhe.» Die Beraterinnen und Berater heißen «Buddys». Drei sind es in der Filiale im osthessischen Bad Hersfeld: Justine Gleim (24), Raul Gonzalez (22) und Lena Sauer (21). Sie tragen bei der Arbeit lockere Freizeitkleidung. «Wir sprechen die Kunden mit Du und dem Vornamen an und erklären die Bankthemen mit einfachen Worten», sagt Gleim. Gonzalez ergänzt: «Dadurch ist die Hemmschwelle vielleicht nicht mehr so hoch, und die Kunden trauen sich, auch einmal andere Sachen zu fragen.»

«Snacks» und «Money-Hacks»

Kreative Konzepte wie das in Bad Hersfeld gibt es auch andernorts. «Filiale war gestern. Unser smoney-hub ist heute schon das Morgen», bewirbt etwa die Stadtsparkasse Düsseldorf eine Filiale für junge Leute, in der es laut Homepage neben «trendy Kaffee und Snacks» auch «super praktische Money-Hacks und ganz klar, natürlich auch die beste Finanzberatung der Stadt» gebe: «Also, Dein Place to be.»

Deutschlands größte Sparkasse, die Hamburger Haspa, experimentiert schon seit Ende 2022 mit einem städtischen Untermieter in der Filiale: Pass beantragen, Hund anmelden oder den Angelschein abholen – alles möglich zwischen Kontoauszugsdrucker und Bankberatung. In Hessen haben sich sogar zwei Institute aus verschiedenen Lagern zusammengetan: Frankfurter Volksbank und die Taunus Sparkasse teilen sich 26 Filialen, um gemeinsam der Kundschaft ein möglichst engmaschiges Angebot bieten zu können.

«Sprechen, wie wir gern angesprochen werden würden»

Die auf junge Leute zugeschnittene Geschäftsstelle in der Fußgängerzone von Bad Hersfeld hat die Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg vor wenigen Wochen eröffnet. Schreibtische gibt es nicht, alles wird mit Tablet-Computern und Diensthandys abgewickelt. «Wir stellen uns besonders auf die Themen ein, die junge Menschen zwischen 18 und 28 bewegen, zum Beispiel Ausbildungsbeginn, die erste Wohnung, Urlaub im Ausland, erste Geldanlage», schildert Teamleiter Torsten Schück (48).

Beraterin Gleim betont: Bei aller Lockerheit im Marketing gehe es bei der Beratung nicht flapsig zu. Es werde niemand mit «Alter» angesprochen. «Und im Kundengespräch sage ich auch nicht: Wir reden jetzt mal übers Bankzeug», sagt Gleim. «Wir sprechen mit den Kunden so, wie wir auch gern angesprochen werden würden.»

Mittwochs ist Social-Media-Tag

Mittwochs haben die «Buddys» in Bad Hersfeld Social-Media-Tag: Dann produzieren sie Beiträge für Tiktok und Instagram, wo sich viele Jugendliche und junge Erwachsene informieren. «Die Generation Z unterscheidet sich in ihren Wünschen und Bedürfnissen deutlich von anderen, daher die Idee, speziell diesen Wünschen entgegenzukommen», sagt Sparkassen-Vorstand Thomas Walkenhorst. «Wir wollen früh eine Bindung an die Sparkasse erzeugen und unseren Marktanteil ausbauen.»

Die Entwicklung und Ausstattung der neuen Filiale habe «schon einen ordentlichen Betrag gekostet», die Geschäftsstelle sei aber «nicht unbedingt teurer als andere Standorte», sagt Walkenhorst. «Die ersten Reaktionen der Kunden zeigen, dass wir damit auf einem sehr guten Weg sind.» Bei weiterhin gutem Erfolg sei es möglich, dass der bestehende Standort verstärkt werde. Ein weiterer Standort sei ebenfalls nicht undenkbar, sagt Walkenhorst.

Klassische Filiale ein Auslaufmodell

Tendenziell dünnen Banken und Sparkassen seit Jahren ihr Filialnetz in Deutschland aus. Denn Filialen sind teuer und in Zeiten von Online-Banking, Smartphone-Apps und Videoberatung weniger gefragt. Ende 2022 zählte die Bundesbank bei Privat- und Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen und Landesbanken zusammen noch 20.446 Geschäftsstellen mit Mitarbeitern. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp 36.300.

Commerzbank-Privatkundenchef Thomas Schaufler sieht die klassische Filiale als Auslaufmodell: «In einigen Jahren haben Sie rein inhaltlich kaum noch einen Grund, in eine Filiale zu kommen», sagte Schaufler im Dezember. «Ich glaube, dass dann alle Bankthemen über das Beratungscenter, über die Online-Kanäle machbar sein werden.»

Sparkassen haben öffentlichen Auftrag

Die Sparkassen können sich allzu radikale Einschnitte nicht leisten. Sie haben als einzige Kreditinstitutsgruppe in Deutschland einen öffentlichen Auftrag: In ihrer Region Menschen und Unternehmen mit Leistungen zu Geld und Kredit zu versorgen. Im Oktober warnte der damalige DSGV-Präsident Helmut Schleweis: «Eine Filiale mag für sich nicht mehr rentabel sein. Wenn sie in Größenordnungen, die Menschen nicht mehr verstehen, geschlossen werden, weckt das Zweifel, ob wir noch die Interessenvertreter der breiten Bevölkerung sind.»

In Hessen ist die Zahl der mit Personal besetzten Sparkassen-Filialen im vergangenen Jahr weiter geschrumpft: von 583 auf 539, zudem gibt es 330 (Vorjahr: 334) SB-Standorte. Der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen, Stefan G. Reuß, stellte bei der Bilanzvorlage im Februar klar: «Es gibt keinerlei politische Agenda, wo gesagt wird: Rückzug aus der Fläche. Sondern ganz im Gegenteil: Wir versuchen alles dafür zu tun, dass wir (…) unserer regionalen Verantwortung und Identität auch weiterhin nachkommen.» Verbandsgeschäftsführer Sven Kießling ergänzte angesichts der Zunahme von Geldautomatensprengungen, es könne bisweilen durchaus sicherer sein, «einen Container mit einem Geldautomaten an einen Parkplatz zu stellen, der sehr gut erreichbar ist».

Von Michael Bauer und Jörn Bender (Text) sowie Uwe Zucchi (Foto)

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