Kristalina Georgiewa darf als Direktorin des Internationalen Währungsfonds weitermachen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Liu Jie/XinHua/dpa)

Trotz Vorwürfen der Manipulation eines Berichts zugunsten Chinas hat das Aufsichtsgremium des Internationalen Währungsfonds (IWF) Direktorin Kristalina Georgiewa sein «volles Vertrauen» ausgesprochen.

Der Exekutivrat vertraue ihrer Verpflichtung, beim IWF «die höchsten Standards der Regierungsführung und Integrität» beizubehalten, erklärte das Gremium am Montagabend (Ortszeit) nach der achten Sitzung zu der Angelegenheit. Georgiewa (68) hat die Vorwürfe gegen sie stets zurückgewiesen. Die Bulgarin, eine frühere EU-Kommissarin, steht seit 2019 an der Spitze des IWF.

US-Finanzministerin Janet Yellen, die den größten IWF-Anteilseigner vertritt, erklärte, sie habe mit Georgiewa über die ernsthaften Vorwürfe gesprochen. Die USA sähen ohne weitere direkte Beweise zu Georgiewas Rolle aber «keine Basis für einen Wechsel in der Führung des IWF». Das Finanzministerium werde die Aufarbeitung genau verfolgen. Um die Integrität der Datenerhebung und die Glaubwürdigkeit des IWF zu stärken, seien «proaktive Schritte» nötig.

Georgiewa wird vorgeworfen, auf ihrem vorigen Spitzenposten bei der Weltbank ein wichtiges Länderranking zugunsten Chinas beeinflusst zu haben. Sie soll 2017 Druck auf Mitarbeiter gemacht haben, um ein Abrutschen Chinas im sogenannten «Doing Business»-Ranking der Weltbank zu verhindern, wie im September eine Untersuchung durch eine von der Weltbank beauftragte Anwaltskanzlei ergab. Nach den Änderungen konnte sich China demnach auf Rang 78 halten – ohne das Einschreiten des Managements wäre das Land auf Rang 85 abgesackt.

Der Untersuchungsbericht vom September legt nahe, dass Mitarbeiter des damaligen Weltbank-Präsidenten Jim Yong Kim und Georgiewa als CEO, Peking wegen einer bevorstehenden wichtigen Kapitalerhöhung für die Weltbank nicht vergraulen wollten. Nach der Änderung der Daten soll Georgiewa dem zuständigen Referatsleiter mit der Aussage, dieser habe sich um den Multilateralismus verdient gemacht, gedankt haben.

Auch bei der Beurteilung des Geschäftsklimas anderer Länder soll es in dem Bericht teils Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Die Weltbank teilte inzwischen mit, das viel zitierte Ranking abzuschaffen.

Für die Weltbank und den IWF ist die angebliche Manipulation von Daten ein schwerer Vorwurf. Für die in Washington ansässigen Organisationen gehört die unabhängige und unpolitische Erhebung und Zusammenstellung internationaler Daten zum Kerngeschäft. Die Daten der Organisationen sind häufig auch eine Grundlage für weitreichende Entscheidungen, etwa wenn es um Hilfsgelder geht.

Der 24-köpfige Exekutivrat, in dem die IWF-Mitgliedstaaten beziehungsweise Anteilseigner vertreten sind, hatte zuletzt am Freitag, Sonntag und am Montag bis in den Abend über die Vorwürfe gegen Georgiewa beraten. Der Rat erklärte, es würden künftig auch Schritte geprüft, die Unabhängigkeit und Integrität der Datenerhebung und Analyse beim IWF noch weiter zu stärken.

Das Timing des Skandals kam für IWF und Weltbank zur Unzeit, denn ausgerechnet in dieser Woche versammeln sich Finanzminister, Zentralbanker sowie Vertreter aus Finanzwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit zur Jahrestagung der Organisationen. Das Treffen findet wegen der Pandemie nur teils in Washington statt, das meiste passiert online. Georgiewa etwa moderierte am Montag unter anderem eine Veranstaltung mit UN-Generalsekretär António Guterres – obgleich sich dabei wohl viele Zuschauer gefragt haben müssen, ob Georgiewa schon in Kürze zum Rücktritt gedrängt würde.

In Brüssel war die Ökonomin Georgiewa von 2010 bis 2014 als Kommissarin für humanitäre Hilfe zuständig, dann bis 2017 als mächtige Vizepräsidentin der Kommission für Haushalt und Personal. Nach ihrem Posten als Geschäftsführerin der Weltbank folgte sie 2019 der Französin Christine Lagarde an der IWF-Spitze. Lagarde ist inzwischen die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB).

Der IWF gilt als Feuerwehr des globalen Finanzsystems, der klamme Staaten bei Finanz- oder Zahlungsbilanzkrisen vor einer Pleite bewahren kann. Der IWF hat in der Vergangenheit oft scharf reagiert, wenn klamme Staaten wirtschaftliche Daten manipulierten.

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