Fragt man Juan Pedro Garcia Rosales danach, wie er die Situation rund um Lkw-Parkplätze auf deutschen Autobahnen beurteilt, erhält man eine klare Antwort: «Eine echte Katastrophe.» Der 54-Jährige aus Freiburg fährt nach eigenen Angaben seit fast 30 Jahren beruflich Lkw. Er spricht von Stress und Zeitverlust, wenn er die Suche nach einem Parkplatz am Abend beschreibt. Heutzutage müsse man schon am Nachmittag nach einem Parkplatz suchen. Ab 17.00 Uhr sei es unmöglich, noch einen Parkplatz auf einer deutschen Autobahn zu bekommen.
So wie Garcia Rosales dürfte es vielen Lkw-Fahrern in Deutschland gehen. Das Bundesverkehrsministerium verfolge nachdrücklich das Ziel, die Anzahl an Lkw-Stellplätzen auf Rastanlagen entlang der Autobahn kontinuierlich zu erhöhen, teilt es auf Anfrage mit. «Dennoch gibt es weiterhin Engpässe an den Rastanlagen – vor allem in den Nachtstunden», so eine Sprecherin.
Erhebung: 23.000 fehlende Lkw-Parkplätze
Eine bundesweite Erhebung zur Lkw-Parksituation entlang der Autobahnen im Auftrag des Verkehrsministeriums hat 2018 ergeben, dass auf etwa 71.000 Lkw-Abstellmöglichkeiten gut 94.000 nachts abgestellte Lkw kamen. Demnach fehlten damals etwa 23.000 Lkw-Parkmöglichkeiten auf und an den Autobahnen. Im vergangenen Jahr habe erneut eine Erhebung stattgefunden. Weitere Angaben könne das Ministerium derzeit keine machen, die Auswertung laufe noch, hieß es. Die Anzahl der Lkw-Stellplätze sei seit 2018 kontinuierlich gesteigert worden. Von 2018 bis 2023 kamen nach Angaben des Ministeriums rund 3000 hinzu. Davon seien in den vergangenen beiden Jahren 542 erstellt worden.
Die Schaffung zusätzlicher Stellplätze an Bundesautobahnen habe für das Verkehrsministerium eine hohe Priorität. Grundsätzlich seien dafür jedes Jahr 100 Millionen Euro eingeplant. «Darüber hinaus werden weitere Mittel im Rahmen des Förderprogramms für Parkraummodelle in Autobahnnähe verausgabt», hieß es.
Neben neuen Parkmöglichkeiten auf den Rastanlagen des Bundes und der Prüfung neuer Parkraummodelle in Autobahnnähe sollen laut Plänen des Ministeriums telematische Parkverfahren verstärkt zum Einsatz kommen, und der Parksuchverkehr durch den gezielten Einsatz von Stellplatzerfassungssystemen reduziert werden.
«Die Situation ist wirklich bedrohlich bis erschreckend»
«Die Situation ist wirklich bedrohlich bis erschreckend», sagt Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Der BGL gehe davon aus, «dass die Situation noch dramatischer ist» und mehr als 40.000 Stellplätze fehlen.
Es sei ein großes Problem, wenn das Fahrpersonal abends keinen Stellplatz finde, sagt Engelhardt. Es sei stressig für die Fahrer, aber auch gefährlich, wenn diese dann etwa auf den Zu- und Abfahrten von Parkplätzen parkten. «Das sind Zustände, die sind unhaltbar», sagt Engelhardt. Die Folgen für die Unternehmen seien gravierend. Stichwort: Fachkräftemangel.
Bei der Beschreibung des Problems unterscheiden sich die Meinungen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite kaum. Die Parkplatzsituation für die Fahrerinnen und Fahrer sei nicht gut, sagt Stefan Thyroke, der die Bundesfachgruppe Logistik bei der Gewerkschaft Verdi leitet. «Da gibt es gar keine zwei Meinungen.» Auch Tyroke spricht von übervollen Parkplätzen und Fahrern, die aus der Not heraus gezwungen seien, entweder auf nicht markierten Parkplätzen oder sogar schon vor oder nach dem eigentlichen Parkplatz zu halten.
Unterschiedliche Ansätze für Lösung des Problems
Bei der Lösung des Problems unterscheiden sich die Vorstellungen jedoch: BGL-Vorstandssprecher Engelhardt sagt, er sei mittlerweile der Meinung, dass es egal sei, wer im Verkehrsministerium am Ruder sitze: Keiner könne diesen immensen Bedarf an Parkplätzen decken. Natürlich müssten Parkplätze immer gebaut werden, wenn sie gebaut werden können. Es solle unter anderem aber auch geprüft werden, ob Autohöfe entlang der Autobahn erweitert werden könnten. Dazu müssten dann entsprechende Förderprogramme aufgelegt werden. «Nur ein Mix aus verschiedensten Maßnahmen kann die Not etwas lindern und das wird Jahre dauern.»
Einfach mehr Parkplätze zu bauen, sieht Gewerkschafter Thyroke nicht als geeignet an. «Unsere Auffassung ist, dass man das Problem auch anders beheben kann, nämlich, indem man die Fahrer von den Autobahnen runterholt», sagt der Gewerkschafter. Dafür könnte zum Beispiel mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden. Oder es könnte mehr auf Begegnungsverkehr gesetzt werden. Vereinfacht sähe das zum Beispiel so aus: Ein Fahrer aus dem Norden trifft sich mit einer Fahrerin aus dem Süden etwa in der Mitte. Beide tauschen die Ladung und fahren wieder zurück, sodass keine Übernachtung fernab der Heimat nötig ist.
Die Lautstärke sei außerdem ein Problem. Noch lange nicht jeder Parkplatz habe eine Schallschutzwand. Außerdem seien die Parkplätze meistens so konzipiert, dass die Fahrerkabinen in Richtung der Fahrbahn gingen. Duschen, Toiletten oder das Abfüllen von Wasser koste häufig Geld. «Aus Sicht der Fahrer würde es viel mehr Sinn machen, in die Qualität der Parkplätze zu investieren statt in die Quantität», sagt Thyroke.