Endstation Halbfinale für Tatjana Maria. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa)

Tatjana Maria atmete tief durch und konnte nach der innigen Umarmung durch ihre gute Freundin Ons Jabeur beim Gang vom Centre Court schon wieder etwas lächeln.

Trotz einer erneuten Energieleistung verpasste die 34-Jährige das nächste Wimbledon-Märchen und den sensationellen ersten Einzug in ein Grand-Slam-Endspiel. Nach 1:43 Stunden musste sich die zweifache Mutter im Halbfinale mit 2:6, 6:3, 1:6 der Weltranglisten-Zweiten Jabeur aus Tunesien verdient geschlagen geben.

«Es war schwierig, ihren Bällen hinterher zu laufen. Sie muss für mich grillen, um all mein Gerenne auf dem Platz wieder gutzumachen», sagte Jabeur lachend. Direkt nach ihrem Matchball holte sie Maria neben sich, um ihr den gebührenden Jubel des Publikums zu gönnen. «Ich wollte diesen Moment definitiv mit ihr teilen am Ende, sie ist so eine große Inspiration für alle Spielerinnen inklusive mir. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie mit zwei Kindern zurückgekommen ist und das geschafft hat.»

Für den größten Erfolg ihrer Karriere kassiert Maria umgerechnet 626.000 Euro. Die Überraschung des Turniers konnte damit nicht als sechste deutsche Tennisspielerin nach Cilly Aussem, Hilde Krahwinkel, Steffi Graf, Sabine Lisicki und Angelique Kerber das Finale von Wimbledon erreichen. Jabeur ist die erste arabische Spielerin in einem Grand-Slam-Finale. Mit Familie Maria ist sie gut befreundet.

Maria setzte auf Routinen

Mit einem breiten Lächeln ging Maria vor dem ersten Punkt über den Platz, einträchtig winkten die beiden Freundinnen ein paar Schritte voneinander getrennt ins Publikum. Maria setzte vorab wieder auf ihre gewohnten Routinen. Mit ihrer Tochter Charlotte besichtigte sie zwar morgens den Center Court, die Partie verfolgte die Achtjährige dann wie gewohnt aus der Kinderbetreuung der Anlage. «Wir wollen da nichts ändern», sagte Maria vor der Partie. «Sie drückt mir da die Daumen und schaut es dort auf dem Fernseher an. Das ist für sie ein Match wie alle anderen auch, deswegen lassen wir das so.»

Dass es für beide Spielerinnen kein gewöhnliches Match war, zeigte sich in der Anfangsphase. Maria setzte wie gewohnt auf ihre unorthodoxe Spielweise mit vielen unterschnittenen Bällen auch auf der Vorhand, Jabeur ließ sich auf das Slice-Duell ein, alleine das erste Spiel dauerte acht Minuten. Nervenstark wehrte Maria drei Breakbälle ab und holte sich das 1:0.

Maria kämpft sich zurück – Jabeur eiskalt

Doch Jabeur behielt das Kommando, ließ Maria mit ansatzlosen Stoppbällen laufen und zog langsam auch das Tempo an. Drei Spiele in Serie holte die Siegerin des Vorbereitungsturniers von Berlin. Als Jabeur einen spektakulären Punkt nach einem Halbvolley mit Pirouette verlor, mussten beiden Spielerinnen lächeln. Doch die Favoritin machte ernst. Eiskalt zeigte sie Maria die Grenzen auf und verwandelte den ersten Satzball durch einen Fehler ihrer Gegnerin nach nur 38 Minuten.

Dreimal hatte Maria bereits zuvor im Turnier den ersten Durchgang verloren und war doch mit großer Laufbereitschaft immer wieder zurückgekommen. Als sie zwei Breakbälle beim Stand von 1:1 abwehrte, zeigte sie die Faust in Richtung ihrer Box, in der Ehemann und Trainer Charles-Edouard applaudierte. Erstmals konnte Maria auch Jabeur bei deren Aufschlag unter Druck setzen und nutzte per Stopp direkt ihren ersten Breakball. Jabeur zeigte Nerven, streute neben Zauberbällen auch immer mehr Fehler ein, Maria zog auf 4:1 davon.

Einen ersten Satzball ließ Maria beim Stand von 5:2 und Aufschlag Jabeur noch aus, bei eigenem Service durfte sie nach einem missglückten Stopp ihrer Gegnerin nach insgesamt 76 Minuten jubeln. Der entscheidende Durchgang begann denkbar schlecht, Jabeur schaffte mit einem Passierball das frühe Break – und war plötzlich nicht mehr zu stoppen. Als Maria durch einen unnötigen Fehler am Netz das 0:4 kassierte, küsste Jabeur ihren Finger und schaute glücklich gen Himmel. Noch ein letztes Mal brachte Maria ihren eigenen Aufschlag durch – und war dann doch geschlagen.

Von Florian Lütticke, dpa

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