Stressige Phase? Oft ist das auch der Ernährung anzumerken: Wir greifen zu zuckerhaltigen Snacks, lassen Mahlzeiten ganz aus oder gieren nach Junk-Food wie Pommes oder Burger.

Dass wir uns so verhalten, ist nur logisch: Der Körper verlangt nach schnell verfügbarer Energie, wenn er unter Stress steht. Schließlich versetzt der «unser gesamtes System in einen Kampf- oder Fluchtmodus und schüttet Hormone aus, die uns blitzschnell handeln lassen», erklärt Lea Halm, Expertin für Stressmanagement und Burnout-Prävention. 

Für viele erscheint dann der Griff zu Fast Food oder Süßigkeiten verlockend – eben, weil sie so schnell Energie liefern. Doch: «Weil Stress auch das logische Denken hemmt, greifen wir unbewusst zu und geraten in einen Teufelskreis», sagt Lea Halm. Denn nach dem Inhalieren einer Tafel Schokolade fühlen wir uns nicht besser – im Gegenteil. 

Es lohnt sich, dieses Muster zu durchbrechen. Denn wir können uns Ernährung sogar zunutze machen, um besser mit Stress umzugehen. Vier Strategien: 

Strategie 1: Mit Achtsamkeit gegen den Autopiloten

Wer regelmäßig dem ungesunden Snacken verfällt, dem rät Lea Halm, mehrmals am Tag innezuhalten. «Horchen Sie in sich hinein: Wie geht es mir gerade? Was brauche ich? Habe ich heute genug Wasser getrunken?» Solche Momente der Achtsamkeit können uns aus dem Autopiloten herausholen und helfen somit, ungesunde Impulse zu kontrollieren.

Mentaltraining ist ebenso wirkungsvoll. Lea Halm rät: «Stellen Sie sich vor, wie gut und energiegeladen Sie sich nach einer ausgewogenen Mahlzeit fühlen und wie schlapp nach einer großen Currywurst mit Pommes. Das gute Gefühl nach einer leckeren, gesunden Mahlzeit, da wollen wir hin.»

Strategie 2: Nährstoffe und Lebensmittel clever wählen

Die gute Nachricht: «Wir wissen heute, dass eine gesunde Ernährung die Leistungsfähigkeit in Prüfungen steigern kann und stressresistenter macht», sagt der Ernährungsmediziner Matthias Riedl. 

Wer sich Ernährung zunutze machen will, um dem Stress zu begegnen, sollte einen Fokus auf Eiweiß legen. «Proteine machen nicht nur satt, sondern auch gelassener», sagt Matthias Riedl. Sie sind nämlich für die Bildung bestimmter Botenstoffe notwendig. Allerdings kommt es auf die Qualität an. «Tofu, Eier, Hülsenfrüchte, Käse, Nüsse liefern hochwertiges Eiweiß, das der Körper gut aufnehmen kann.» 

Auch tryptophanhaltige Lebensmittel wie Huhn, Bananen oder Cashewkerne sind gerade in stressigen Phasen eine gute Wahl. Sie helfen dem Körper dabei, die Serotoninspeicher zu füllen. Das ist ein Botenstoff, der für Zufriedenheit sorgt und die Stimmung hebt. Entscheidend in stressigen Phasen sind für Riedl auch alle B-Vitamine und Folsäure, die in grünem Blattgemüse und tierischen Produkten enthalten sind. 

Matthias Riedl rät, diesen Grundregeln zu folgen: unverarbeitete Lebensmittel, möglichst regionales, saisonales Obst und Gemüse, da diese mehr Nährstoffe enthalten. Doch auch Tiefkühlgemüse ist eine gute Wahl: Es ist besonders vitaminreich, eignet sich ideal für den Vorrat – und man muss nichts schnippeln. 

Strategie 3: Mahlzeiten planen und vorbereiten

Aller Anfang ist die Liste, wie Lea Halm rät: «Schreiben Sie alle gesunden Lebensmittel und Gerichte auf, die Sie gerne mögen. Denken Sie auch an Mahlzeiten, die in der Kindheit geschmeckt haben und variieren Sie diese.» Das kann ein großer Topf Chili sein, den man am Wochenende vorkocht. Das lässt sich in mehreren Portionen einfrieren und im Laufe der Woche mit Kartoffeln, Reis, Salat oder Brot essen. 

Anti-Stress-Ernährung beginnt für Ernährungsmediziner Matthias Riedl immer mit einem eiweißreichen Frühstück. Das ist für ihn auch die Mahlzeit, die auf keinen Fall ausgelassen werden sollte. Sein Tipp: Overnight Oats. Am Vorabend Joghurt, Quark oder Milch mit Haferflocken, Nüssen und gefrorenen Beeren in ein Glas geben, in den Kühlschrank stellen – fertig ist der perfekte Start in den Tag. Auch Käsebrot oder Rührei sind schnell zubereitet.

Und später am Tag? Was immer gelingt, ist eine schnelle Gemüse-Kartoffel-Pfanne, die sich im Kühlschrank mehrere Tage hält. Ein Salat geht ebenso fix, Thunfisch, Kichererbsen oder ein gekochtes Ei als Topping liefern hochwertiges Eiweiß. 

Als Zwischenmahlzeiten eignen sich Datteln, Nüsse, Obst, Käsestücke oder vorgeschnittene Gemüsesticks. 

Generell gilt: «Fangen Sie klein an, dann scheitert man auch seltener», sagt Lea Halm. Ist die Zeit ganz knapp, kann man auch mal Essen bestellen. «Asiatische Gerichte mit viel Gemüse sind die beste Wahl», sagt Matthias Riedl. 

Strategie 4: Stressverstärker in der Ernährung vermeiden

Wie die richtige Ernährung Stress abbauen kann, gibt es auch Produkte und Gewohnheiten, die ihn verstärken. Dazu gehören laut Riedl mehr als drei bis vier Tassen Kaffee pro Tag, Energydrinks, künstliche Süßstoffe oder künstliche Farbstoffe. «Vor allem die vielen Zusatzstoffe in hoch verarbeiteten Produkten und Fertiggerichten können unsere Gehirnchemie negativ beeinflussen. Und Zucker ist letztlich das größte Gift für die Zellen.» 

Dennoch: Essen soll Freude bereiten und entspannen. So hat auch der geliebte Schokoriegel seinen Platz in der Stressbewältigung, wenn er bewusst und mit allen Sinnen genossen wird.